Angetreten zum Bootcamp: Performance von Toxic Dreams und dem Volkskundemuseum.
Angetreten zum Bootcamp: Performance von Toxic Dreams und dem Volkskundemuseum.
Kollektiv Fischka

Wenn die Barbaren über unsere Kultur hereinfallen, muss man vorbereitet sein. Die Angst vor den gefährlichen Fremden ist groß, der Zeitpunkt ihres Eintreffens unbekannt. Doch sind die Feinde der heimischen Werte erst einmal hier, dann reißen sie alles an sich und übernehmen die Macht, so viel steht fest. Österreich muss sich also abschotten und zur Festung werden. Die performative Installation Warten auf die Barbaren von der Theatergruppe Toxic Dreams und dem Volkskundemuseum Wien führt in einen Luftschutzbunker aus dem Zweiten Weltkrieg, der zum ersten Mal öffentlich begangen werden kann.

Festung Österreich

Unterhalb des Schönbornparks trainiert das Bürgertum – das Publikum – in einem Bootcamp für den Ernstfall. Es erfährt, wie man Barbaren wie etwa Impfbefürworter, Ausländer oder politisch korrekte "Gutmenschen" verunsichern und aus dem Land treiben kann, mit welchen Symbolen man auf ihre Anwesenheit aufmerksam macht und wie das identitäre Gemeinschaftsgefühl gefördert wird. In braune Anzüge gewandet führen die Darstellenden Kleingruppen durch 44 Stationen des Bunkers und präsentieren die faschistoide Idealversion der "Festung Österreich": Monumentale Wohnanlagen entlang der österreichischen Grenzen geben den Blick auf die Alpen frei, fungieren gleichzeitig aber auch als Mauer. Eine Weltkarte zeigt Kontinente von "Öropa" bis "Antörktika" im österreichischen Umriss. Größenwahn par excellence!

Der Stationsbetrieb ist straff organisiert und lässt leider nicht genug Zeit, um durch alle der detailverliebten Räume (Gestaltung: Paul Horn) zu streifen. Durch den befehlshaberischen Umgangston, das hektische Gewusel in den Gängen und die populistische Rhetorik wird aber eine äußerst stimmige Atmosphäre erzeugt.

Regisseur Yosi Wanunu ließ sich für das Stück vom gleichnamigen Gedicht des Lyrikers Konstantinos Kavafis (1904) inspirieren, in dem ein Staat beim Warten auf imaginäre Barbaren in den Stillstand verfällt. Spoiler: Die Barbaren kommen nicht, trotzdem braucht es anscheinend die Illusion ihrer Existenz, um die eigene Kultur und Identität zu definieren. (Patricia Kornfeld, 1.5.2024)