Asmik Grigorian.
Asmik Grigorian ist wieder an der Staatoper.
Algirdas Bakas

Ja, es werde wieder einen neuen Ring des Nibelungen geben. Ja, auch in seiner zweiten Amtsperiode von 2025 bis 2030 werde es im großen Haus am Ring eine Uraufführung geben, sagt Staatsoperndirektor Bogdan Roščić. Auf eines möchte er aber schon hinweisen: In dem neuen Opernhaus im Französischen Saal des Wiener Künstlerhauses, das am 7. Dezember den Spielbetrieb aufnimmt, werde es in der ersten Saison vier neue Stücke geben.

Das strukturell bedeutende Projekt für die ganze Familie, das eine moderne Bühnenmaschinerie und 248 Plätze bieten wird, profitiert dabei finanziell auch von einer recht neuen Gruppe. Der Freundeskreis der Staatsoper (momentan 1734 Mitglieder) leiste einen essenziellen Beitrag, erklärt der Direktor. Das ist wichtig. Schließlich wird das neue Nachwuchshaus, dessen Name noch geheim gehalten wird, ohne zusätzliche Finanzierung durch die öffentliche Hand betrieben.

Gute Prozentzahl

Wenn es schon um Zahlen geht: Die kaufmännische Direktorin Petra Bohuslav berichtet von einer Saisonauslastung seit September von 99,94 Prozent. Der Dezember 2023 sei sogar auf 100 Prozent gekommen. Insofern strebe man in der laufenden Saison erstmals Einnahmen aus dem Kartenverkauf von über 40 Millionen Euro an, ohne dass es Preiserhöhungen in der kommenden Saison geben werde.

Staatsoperndirektor Bogdan Roščić amtiert bis 2030 an der Staatsoper.
Staatsoperndirektor Bogdan Roščić amtiert bis 2030 an der Staatsoper.
APA/ROBERT JAEGER

Mit 7180 Stück bleibt der Abo-Verkauf allerdings noch unter dem Vor-Corona-Niveau, das bei 9000 lag. Roščić will das nicht als Niederlage betrachten: "Vielleicht hat man bei beinahe 100 Prozent Auslastung auch nicht den unmittelbaren Anreiz, die Zahl der ermäßigten Karten zu steigern ..." Ein Plus bei den verkauften Abos sei nicht per se ein Ziel. Dieser Punkt scheint allerdings noch nicht komplett ausdiskutiert, schließlich fragt er rhetorisch: "Ist der Zeitgeist der Idee des Abos gnädig? Diese Frage ist nicht abschließend zu beantworten."

Die schönen Premieren

Endgültig beantwortet ist die Frage, was die kommende Saison 2024/25 premierenmäßig dominieren wird. Grundsätzlich verlagert Roščić seinen Schwerpunkt von der bisher forcierten "Erneuerung des Kernrepertoires" hin zum Schließen dessen, was er "Spielplanlücken" nennt. Tendenziell werde dies Stücken von Giuseppe Verdi und speziell dessen Frühwerk zugutekommen.

Verdis Don Carlo allerdings darf natürlich als ein solches nicht bezeichnet werden. Das Meisterwerk über die zynisch-grausamen Aspekte der Macht inszeniert der Russe Kirill Serebrennikov; Sopranistin Asmik Grigorian debütiert dabei als Elisabetta, es dirigiert der Noch-Musikchef des Hauses Philippe Jordan.

Weitere Premieren betreffen Tschaikowskys kurze Oper Iolanta, wobei Roščić nicht findet, dass dieser Einakter "eine Sättigungsbeilage ist", der man – wie üblich – ein weiteres Werk hinzufügen müsse. Eine Sättigungsbeilage ist bestimmt auch nicht Wagners Tannhäuser, den Lydia Steier inszenieren wird, und sicher auch nicht Mozarts Zauberflöte, die ebenfalls neu gedacht wird.

Anna Netrebko.
Anna Netrebko singt auch Richard Strauss.
AP/Luca Bruno

Das rätselhaft-komplexe Werk wird nicht winzig daherkommen, sondern "spektakulär", meint der Direktor. Barbora Horakova ist regiemäßig zuständig, während der ehemalige Musikchef des Hauses, Franz Welser-Möst, dirigiert.

Stichwort Lücke schließen: Vincenzo Bellinis belcantoselige Norma, die seit 1980 nicht mehr szenisch am Haus zu sehen war, wird ebenfalls neu gedeutet. Verantwortlich ist Cyril Teste, der bei seiner Salome-Version Moschusdüfte in die Zuschauerreihen versprühen ließ.

Netrebko und Niavarani

Schließlich die Moderne: Premiere hat auch György Kurtágs Beckett-Adaption Fin de Partie. Alexander Pereira gab sie einst als Intendant der Salzburger Festspiele in Auftrag. Schließlich brachte er die Oper, die nicht und nicht fertig werden wollte, später als Chef der Mailänder Scala ebendort zur Uraufführung.

Auffälliges abseits der Neuinszenierungen? Bei Pique Dame gibt Anna Netrebko ihr Rollendebüt als Lisa, auch hört man sie bei Richard Strauss' Ariadne als Primadonna. Ja, und Michael Niavarani wird zum Jahresschluss in der Fledermaus als Frosch erscheinen. "Kabarettisten sind die Volksschauspieler von heute", begründet Roščić seine Wahl. (Ljubiša Tošić, 27.4.2024)