Taxefy App
Das Finanzministerium kritisiert, dass die Fragen in der App zu oberflächlich seien. Das Start-up entgegnet, dass man dieses Problem längst ausgeräumt habe.
Taxefy

Der Steuerausgleich beziehungsweise die Arbeitnehmerveranlagung ist eine lohnende, aber auch mühsame Tätigkeit: Im Optimalfall wird Geld vom Finanzamt zurückgezahlt, im Gegenzug müssen sich Arbeitnehmer jedoch durch diverse Formulare quälen.

Das von Aleksej Sinicyn im Jahr 2022 gegründete Start-up Taxefy widmet sich diesem Dilemma mit einer App, die bisher über 300.000-mal heruntergeladen wurde: Hier beantworten die User auf dem Smartphone diverse Fragen und geben Informationen ein, anschließend wird der Antrag eingereicht. Vorab muss nichts gezahlt werden, stattdessen verdient das Start-up, indem es zehn Prozent der Rückzahlung als Provision erhält. Kommt es zu keiner Gutschrift, so erhält auch Taxefy kein Geld.

Sinicyn zitiert Zahlen, laut denen jährlich circa 1,7 Millionen Menschen in Österreich auf ihren Steuerausgleich verzichten: "Wir wollen es Menschen ermöglichen, auf direktem Weg und unbürokratisch ihre zu viel bezahlten Steuern bis zu fünf Jahre rückwirkend zurückzuholen." Bisher habe die App zu Gutschriften in Höhe von insgesamt 2,5 Millionen Euro geführt, das seien durchschnittlich 748 Euro pro eingereichter Arbeitnehmerveranlagung. Aufwenden soll man dafür nur wenige Minuten. Im Play Store wird die Taxefy-App von über 4.600 Personen mit durchschnittlich 4,0 Sternen bewertet.

Überarbeitete App

Am 4. April verkündete das Unternehmen, mit der "TAX APP TXFY Steuerberatungsgesellschaft mbH" eine spezialisierte Steuerberatungskanzlei an Bord geholt und die App umfassend überarbeitet zu haben. Die neu gegründete Steuerberatungskanzlei übernimmt die Übermittlung der eingereichten Steuererklärungen an die Behörden und ist laut einem Bericht des Fachmediums "Brutkasten" eine 100-prozentige Tochter der Falcon Group, einer in Wien ansässigen Steuerberatungsgesellschaft.

Auch hätten die neuen Partner das angebotene Verfahren geprüft und sich um die Neuaufsetzung gekümmert, heißt es weiter. Zudem wird in der Presseaussendung zum Relaunch betont, dass die App von Taxefy nun "alle gewerberechtlichen und steuerlichen Auflagen" erfülle: "Die App erfüllt alle geltenden gesetzlichen Vorgaben, gewährleistet die Compliance gegenüber den Behörden und bietet durch einen KYC-Check maximale Sicherheitsstandards." Die bestehenden Kunden wurden über die Neuerungen informiert.

Kritik von mehreren Seiten

Warum diese starke Betonung der gesetzlichen Vorgaben? Weil es in der Vergangenheit gegenüber Taxefy nicht an Kritik mangelte: Die Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer (KSW) störte sich an dem Modell des Start-ups ebenso wie das Finanzamt. Das ging im Mai 2023 gar so weit, dass die App im Mai 2023 die Verknüpfung mit Finanz Online verlor – wiewohl Sinicyn dies ein knappes Jahr später gegenüber dem STANDARD nicht mit rechtlichen, sondern mit technischen Problemen begründet: Man sei an die Grenzen von Finanz Online gestoßen, so der Gründer.

Plakativ gesagt kritisierte das Finanzamt, dass die App "zu unkompliziert" sei: "Die sehr allgemein gehaltenen Fragen führen oftmals mangels besserer steuerrechtlicher Kenntnisse unwissentlich zu falschen und rechtswidrigen Angaben seitens der Antragsteller", so das Finanzamt im Mai 2023 gegenüber der "ZiB". Im April 2024 erneuert das Finanzministerium (BMF) diese Vorwürfe auf Anfrage des STANDARD und nennt konkrete Beispiele: So werde bei der Absetzbarkeit eines PCs keine weitere Frage nach dem Privatanteil gestellt, für die Pendlerpauschale werden keine genauen Angaben eingefordert. Dies sei abgabenrechtlich bedenklich, da die Betreiber eine höhere durchschnittliche Steuerrückzahlung versprechen, als es sie von der Finanzverwaltung geben würde.

Start-up weist Kritik zurück

Allgemein betont man seitens des BMF, dass man innovative Start-ups und eine Verbesserung des Kundenservices durch digitale Prozesse grundsätzlich begrüße und unterstütze. Dabei sollten digitale Lösungen nicht verhindert werden, müssten aber im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben integriert werden – betont wird in diesem Kontext auch, dass Finanz Online von über sechs Millionen Menschen genutzt werde.

Neben den zu oberflächlich gehaltenen Fragen und den damit verbundenen Problemen kritisiert man beim BMF in Bezug auf Taxefy aber auch, dass die Steuerberater gegenüber der Finanz als gesetzliche Vertreter auftreten, sich auf eine Vollmacht berufen und vollen Zugang zu Finanz Online erhalten würden. Für die Finanzverwaltung sei jedoch nicht erkennbar, ob tatsächlich ein Vollmachtverhältnis vorliegt.

Sinicyn weist diese Kritik zurück und betont, dass die angesprochenen Punkte nicht mehr dem aktuellen Stand entsprechen. So seien die Fragen in enger Absprache mit den Steuerexperten umfassend adaptiert worden, neben dem Privatanteil eines PCs werde zum Beispiel auch die Nutzungszeit abgefragt, etliche weitere Fragen seien erweitert und präzisiert worden.

Wozu die Vollmacht?

Die Arbeitnehmerveranlagungen werden ausschließlich von der eigens gegründeten Kanzlei eingereicht, deren 100-prozentiger Eigentümer auf das Thema Digitalisierung spezialisiert sei, führt der Gründer weiter aus. Dieser Kanzlei wird auch die Vollmacht erteilt, über welche die User ausführlich informiert werden. Die Vollmacht ist nötig, um die Steuererklärung technisch an Finanz Online übermitteln zu können. Sie erlischt, sobald das Prozedere abgeschlossen ist.

Anders als zuvor wird die Gutschrift nun auch nicht mehr via Taxefy an den User übertragen: Nun gehen 100 Prozent direkt an den User, das Start-up bucht anschließend zehn Prozent via Sepa-Lastschriftmandat vom Konto des Kunden ab. Damit werden auch bereits im STANDARD-Forum geäußerte Bedenken entkräftet, dass die User ihre Gutschrift nicht erhalten, wenn das Start-up zwischenzeitlich insolvent werden sollte.

Klage durch die Kammer

Doch die Kammer ging noch einen Schritt weiter und erhob gegenüber der Taxefy GmbH vor dem Handelsgericht Wien Klage, wie es seitens der KSW gegenüber dem STANDARD heißt. Begründet wird dieser Schritt damit, dass "aus Sicht der KSW das bisherige Vorgehen der Taxefy GmbH nicht mit den einschlägigen gesetzlichen Vorgaben (genauer gesagt: mit den für Steuerberater:innen und Wirtschaftsprüfer:innen geltenden berufsrechtlichen Vorschriften) in Übereinstimmung steht".

Die entsprechende Klage sei Taxefy-Geschäftsführer Aleksej Sinicyn am 3. April 2024 zugestellt worden, binnen vier Wochen müsse das Start-up auf diese Klage antworten, heißt es weiter aus der Kammer. Bisher liege noch keine Stellungnahme der Taxefy GmbH vor.

Einen Tag später

Man beachte: Die Klage ging am 3. April beim Gründer ein, das Update der App und die Kooperation mit der Kanzlei wurden einen Tag später verkündet. Damit werde der Klage auch in gewisser Weise die Grundlage entzogen, wie Sinicyn sagt: denn man habe viel geändert und adaptiert und auch die bereits zuvor seitens der Kammer geäußerten Kritikpunkte adressiert.

Die Klage betrachte man somit als gegenstandslos, heißt es vom Start-up und dessen Rechtsexperten. "Wir möchten den Steuerberatern ja auch nichts wegnehmen", sagt Sinicyn abschließend, "sondern Chancen für jene schaffen, die weder Finanz Online noch das Angebot eines Steuerberaters in Anspruch genommen haben." Neben Deutsch ist die App seit dem Update auch auf Englisch, Arabisch, Türkisch, Polnisch, Rumänisch, Russisch und Serbisch verfügbar. (Stefan Mey, 19.4.2024)