FPÖ Herbert Kickl Innenministerium U-Ausschuss
Seine Zeit als Innenminister steht im Fokus: FPÖ-Chef Herbert Kickl.
Foto: APA / Georg Hochmuth

Für Mittwoch dieser Woche war im Untersuchungsausschuss mit dem schönen Titel "rot-blauer Machtmissbrauch" die ehemalige Leiterin des Referats Extremismus im damaligen Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), Ministerialrätin Sybille G., geladen. Wieder einmal. Denn sie hatte schon vor Jahren, konkret im Oktober 2018, im U-Ausschuss über "politische Einflussnahme auf das BVT" sehr freimütig ausgesagt. Dabei ging es vor allem um die berühmte Razzia (Hausdurchsuchung) am 28. Februar 2018 im Verfassungsschutzamt, die auf Initiative von Peter Goldgruber, damals Generalsekretär des FPÖ-Innenministers Herbert Kickl, stattfand. Es lohnt sich, wesentliche Aussagen von Sybille G. vor dem damaligen U-Ausschuss erneut zu lesen. Da gewinnt manches deutlichere Konturen.

An diesem 28. Februar stürmten also Polizeibeamte der EGS (Einsatzgruppen zur Bekämpfung der Straßenkriminalität) unter der Leitung eines FPÖ-Polizeioffiziers die Büros des Verfassungsschutzes in Wien. Sybille G., die eben das Referat Extremismus leitete, hatte sofort so ein Gefühl: "Da ich ja im Rechtsextremismusbereich auch sehr lange tätig bin und sehr viele Informationen habe, war meine erste Überlegung: Jetzt ist es so weit. Jetzt ist der Tag X, wo in der Szene immer davon geredet wird. Wenn sie an die Macht kommen, dann hängen sie als Erstes die Staatspolizei auf, und als Nächstes kommt die Justiz dran. Das war mein erstes Empfinden."

Also eine Rechtsextremismus-Expertin hat beim Eindringen von Polizeikollegen unter einem FPÖ-Innenminister sofort die Assoziation eines Putsches der Rechtsextremisten.

Insider-Tratsch

Wie aber war es überhaupt zu der Hausdurchsuchung gekommen? Seit 2017 kursierte ein anonymes "Konvolut", in dem Insider Tratsch über Angehörige des Sicherheitsapparats, vor allem über den früheren Kabinettschef des ÖVP-Innenministers Wolfgang Sobotka, Michael Kloibmüller, verbreiten. Unter dem neuen FPÖ-Innenminister Herbert Kickl kam das gerade recht. Eine darauf von Goldgruber angesprochene Staatsanwältin fand die Suppe zunächst zu dünn, bis Goldgruber / das Innenministerium plötzlich Belastungszeugen anbrachten. Einer davon war der BVT-Abteilungsleiter Martin Weiss, was auch Sybille G. bestätigte: "Für uns war es sofort ersichtlich, dass Mag. Martin W. damit zu tun haben muss." Weiss gilt auch als einer der Verfasser des Konvoluts, als der andere der berühmte Egisto Ott.

Sybille G. vermutete damals bei Martin Weiss "niedrige Beweggründe – er ist natürlich frustriert, enttäuscht". Inzwischen ist aber bekannt, dass Weiss (und Ott) für den flüchtigen Ex-Wirecard-Manager und russischen Spion Jan Marsalek gearbeitet haben. Weiss hat Marsalek 2015 kennengelernt und schied 2017 aus dem BVT aus. Er sitzt derzeit in Dubai.

2018 fragte die Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper: "Kann es sein, dass sich die Beziehungen im Berner Club (informelle Vereinigung westlicher Nachrichtendienste, Anm.) auch dadurch verschlechtert haben, dass wir die FPÖ in der Regierung haben und damit auch eine Partei mit einer Nähe zur Russischen Föderation?" Sybille G.: "Ja, es kann sein." (Hans Rauscher, 9.4.2024)