Menschen mit Fackeln, Kreuz und Plakaten
Christinnen und Christen protestieren in Karatschi gegen Attacken auf Kirchen und Wohnhäuser im August des Vorjahres.
Foto: APA / AFP / Asif Hassan

Es ist ein Zeichen dafür, dass in Österreich doch nicht alles in gegenseitigem Hass und Spaltung versunken ist, wenn der frühere SPÖ-Geschäftsführer und nunmehrige SPÖ-Bildungsvorsitzende Gerhard Schmid in seiner Gesprächsreihe "Zeitgespräche" mit dem Theologen und Vorsitzenden der Aktion "Christen in Not", Elmar Kuhn, zu Ostern ein Gespräch über die Christenverfolgung weltweit führt.

Christen in Not ist eine ausdrücklich ökumenische NGO mit Sitz in Wien, die versucht, unterdrückten Christen in aller Welt beizustehen. Elmar Kuhn sagt, dass im Moment die größte Christenverfolgung der Geschichte stattfindet ("größer als die im Römischen Reich") und dass die größte Gefährdung von einem "religiös begründeten Nationalismus" ausgeht. Wie zum Beispiel beim Hindu-Nationalismus im Indien des indischen Premierministers Narendra Modi, aber auch in Russland, wo sich die russisch-orthodoxe Kirche mit dem russischen Imperialisten Wladimir Putin gegen die ukrainisch-orthodoxe Kirche verbündet hat. Selbstverständlich aber auch in islamischen Ländern wie Pakistan und Ägypten, wo die christlichen Minderheiten verfolgt werden und wo es zum Beispiel ganz konkret darum geht, christliche Mädchen vor Entführung und Zwangsverheiratung zu schützen: "Die Situation der christlichen Minderheit in Pakistan ist dramatisch", schreibt Christen in Not auf ihrer Website: "Unter missbräuchlicher Verwendung des Blasphemie-Paragrafen (Christen werden unter haarsträubenden Vorwänden beschuldigt, den Propheten Mohammed beleidigt zu haben) werden ganze Familien diffamiert, von wütenden Mobs vertrieben, verfolgt und sogar getötet."

"Heute steht Christsein im Widerspruch zu Nationalismus." (Elmar Kuhn)

Kuhn verschweigt nicht, dass die katholische Kirche in früheren Zeiten ebenfalls eine verhängnisvolle Koalition mit autoritären Staaten und religiösem Nationalismus eingegangen ist. Aber: "Heute steht Christsein im Widerspruch zu Nationalismus. Wo Menschen sich selbst mit ihrer Kultur absolut setzen, führt das ins Verderben."

In diesem Interview wurde nicht nach "Leitkultur" gefragt, die ja auch eine Verabsolutierung der eigenen Kultur bedeuten kann. Wahrscheinlich sind die diesbezüglichen Wahlkampfanstrengungen der ÖVP zu diffus und unbedeutend, um in diesem Zusammenhang erwähnt zu werden.

Reale Not

Tatsächlich ist die Situation sehr vieler Christen besonders im Globalen Süden sehr ernst und eben nicht nur in islamischen Ländern. In Nordkorea etwa herrscht brutalste Verfolgung. Zwischen 50.000 und 70.000 Christen sind dort in Schreckenslagern. Aber vor allem die Tötungen konzentrieren sich stark auf Westafrika und die Sahelregion, wo die Angriffe islamistischer Gruppen auf Christen und Christinnen stark zugenommen haben, vor allem in Nigeria. Ansonsten konzentriert sich die Verfolgung auf Afghanistan, Somalia, Libyen, Eritrea, den Jemen und die bereits erwähnten Länder Indien, Pakistan und Nigeria.

Organisationen wie Christen in Not können nur durch unablässige Interventionen, Petitionen und intensive Gespräche (in bescheidenem Maße) wirksam werden. Wobei bei vielen progressiv oder links eingestellten Menschen das Bild von den christlichen Kirchen als dominanter Machtfaktor noch vorherrscht. Aber die Not und die Verfolgung sind real. (Hans Rauscher, 30.3.2024)