Die Opposition zerrt die Regierung demnächst vor den Verfassungsgerichtshof. Der Grund: Letztere stellt wichtige Akten in der BVT-Affäre für den parlamentarischen Untersuchungsausschuss nicht oder nur geschwärzt zur Verfügung. Auf Regierungsseite steht nun jene Ex-Oppositionspartei FPÖ, die sich schon beim Hypo- und beim Eurofighter-Ausschuss über genau dasselbe beschwert hatte – und als Schuldigen adressierte: den heutigen Koalitionspartner ÖVP und die heutige Oppositionspartei SPÖ. Die Empörung erfolgte jedes Mal, auch diesmal, völlig zu Recht, die jeweilige Regierung stellte und stellt sich taub. Abneigung gegenüber Transparenz und Auskunftswillen ist in Österreich offenbar parteiübergreifend in viele Politikergene eingebrannt.

Dazu passt auch eine andere Begebenheit aus jüngster Vergangenheit, die scheinbar nichts mit der U-Ausschuss-Sache zu tun hat – außer, dass das Innenministerium auch hier wieder federführend mit dabei war. Es hat nämlich Anfang August angekündigt, die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft an Prominente künftig geheim halten zu wollen. Auch hier wieder: bloß keine Kontrolle, nur keine unangenehmen Fragen.

Intransparenz ist freilich nicht auf die Bundesebene beschränkt, sie blüht auch in den Ländern, etwa bei der Besetzung der neun Landesverwaltungsgerichte. Diese sollen ja eigentlich die Landesverwaltungen kontrollieren, die Kontrollierten dürfen aber bei der Besetzung der Richter ein entscheidendes Wort mitreden. Im Burgenland wurde nun der Posten des Präsidenten eben dieses Gerichts, der erst in eineinhalb Jahren in Pension geht, völlig überraschend, mit extrem kurzer Frist (nur zwei Wochen, mitten im Sommer) ausgeschrieben. Zufällig hat sich auch die Büroleiterin von Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) beworben, wie Ö1-Recherchen ergaben. So oder so ist die Optik fatal. Das meint nicht nur die Richtervereinigung.

Macht und Kontrolle

"Macht braucht Kontrolle" ist ein beliebter Slogan. Er wurde in Wahlkämpfen immer wieder verwendet, etwa vom späteren Bundespräsidenten Thomas Klestil (ÖVP) oder von Norbert Hofer (FPÖ) im Rennen um die Hofburg. Schöne Worte, gewiss – aber selten mehr. Macht, so scheint es, scheut eher Kontrolle. Im Jänner beschloss die Regierung zwar eine nationale Antikorruptionsstrategie. Die Antikorruptionsorganisation Transparency International bekrittelte jedoch, dass konkrete Maßnahmen fehlten. Die österreichische Transparency-Vorsitzende Eva Geiblinger sagte damals, der Weg in Richtung Korruptionsfreiheit und Transparenz werde "viel zu langsam und nicht konsequent genug gegangen". Am Schneckentempo hat sich seither nichts geändert.

Bestes Beispiel: Obwohl seit Jahren scharf kritisiert, gilt in Österreich immer noch das Amtsgeheimnis – und keine Regierung konnte sich durchringen, es abzuschaffen. Bürokraten auf allen Ebenen können sich dahinter verschanzen, Amtsverschwiegenheit und Auskunftsrecht werden immer noch gegeneinander abgewogen. Zumindest ist es dem Forum Informationsfreiheit gelungen, zwei Verfahren zu gewinnen – nun wird das Amt wenigstens für Journalisten und Blogger offener.

Die Politik bleibt zurückhaltend: Man werde das Thema bei der geplanten Demokratiereform "mitnehmen", heißt es nun. In der Zwischenzeit darf weiter geschwärzt, versteckt und verschwiegen werden. (Petra Stuiber, 15.8.2018)