"Robot Dreams" ist eine handgezeichnete Ode an die Freundschaft.
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Wovon träumen Roboter eigentlich? Der Science-Fiction-Autor Philip K. Dick hat sich diese Frage bereits in seinem dystopischen Roman Do Androids Dream of Electric Sheep? gestellt. Eine Geschichte, die durch Ridley Scotts Verfilmung Blade Runner weltberühmt wurde. Darin ist nicht mehr die Intelligenz das wesentliche Unterscheidungsmerkmal zwischen Mensch und Roboter, sondern die Empathie. Im Animationsfilm Robot Dreams, der auf einer Graphic Novel der US-Amerikanerin Sara Varon basiert, sehen wir, dass sich auch Roboter nach Freundschaft sehnen.

Erzählt wird die Geschichte von einem Hund, der allein im Manhattan der 1980er-Jahre in einem bescheidenen Appartement im dritten Stock lebt. Gegenüber von ihm wohnt ein Elch, unter seinen Nachbarn sind ein Huhn und eine Katze – Menschen gibt es in dieser fiktiven Welt nicht. Dafür gibt es Graffitis, das World Trade Center und diese fettigen New-York-Style-Pizzen, bei denen jedes Stück nur einen Dollar kostet. Alles also, was das New York der 1980er ausgemacht hat. Hund fährt jeden Tag in die Arbeit und nach Hause, isst danach seine Fertig-Käse-Makkaroni. Er spielt mit sich selbst Pong. Er sieht fern. Er ist einsam. Überall sonst sind Paare, die gemeinsam die Schwierigkeiten des Lebens meistern.

Wenn ein Roboter rostet

Im Fernsehen sieht er die Werbung für einen Amica 2000 – und bestellt sich den Roboter. Wie das eben so ist, wenn man wirklich gute Freunde findet, verändert sich plötzlich seine Sicht auf das Leben. Fortan essen die beiden gemeinsam Hotdogs und fahren auf Rollschuhen durch den Central Park. Immer wieder ertönt September von Earth, Wind and Fire. Das Leben ist schön. Ba-dee-ya, say, do you remember? / Ba-dee-ya, dancin' in September.

Aber jeder noch so schöne Sommer endet eben im September. Und obwohl wahre Freundschaft nicht rostet, tut das der Roboter nach einem langen Badetag im Meer sehr wohl. Hund muss seinen unbeweglichen Freund zurücklassen. Als er ihn am nächsten Tag holen will, ist der Badestrand bereits gesperrt. Die Rettungsversuche scheitern, sogar ins Gefängnis kommt er, und so bleibt Hund nichts anderes übrig, als die Tage zu zählen, bis der Badestrand am ersten Juni des nächsten Jahres wieder öffnet.

Existenzielles Referenzfeuerwerk

Robot Dreams ist ein Film, der davon erzählt, wie das Leben an einem vorbeizieht, während man wartet. Ehe man sich versieht, vergehen Jahre, und einst wichtige Menschen – oder in diesem Fall Tiere und humanoide Androiden – werden zu Fremden. Die großen Gefühle spielen sich hier in stummen Gesten, dem stimmungsvollen Sound und den akribisch gezeichneten Hintergründen ab. Das ist vor allem visuell eine Freude, weil man fast in jeder Einstellung Referenzen entdecken kann: Da sieht man den übergroßen Duschkopf aus Alfred Hitchcocks Psycho, die Bowlingkugeln aus The Big Lebowski oder den Roboter, der wie in Der Zauberer von Oz dem Regenbogen entgegenläuft.

Während Kinder vor allem an den lustigen Figuren und kreativen Ideen gefallen finden werden, wird man als Erwachsener mit der existenziellen Angst vor der Einsamkeit konfrontiert. Verlust ist früher oder später Teil jedes Lebens. Einfühlsam und mit zartem Witz entfaltet sich so eine Erzählung, die sich den großen Themen annähert. Dafür werden nicht einmal Worte benötigt. (Jakob Thaller, 7.5.2024)