Georg Krakow am Rednerpult im Parlament
Der Jurist Georg Krakow war 2018 in blauen Kreisen als "Geheimdienstkoordinator" im Gespräch.
Georg Hochmuth / APA / picturedesk

Georg Krakow hat schon viel gesehen: Der heute 57-jährige Jurist war bei der Staatsanwaltschaft Wien, wo er als für Wirtschaftssachen zuständiger Oberstaatsanwalt die Anklagebehörde in der Causa Bawag rund um Ex-Chef Helmut Elsner vertrat. Auf der Richterbank saß damals Claudia Bandion-Ortner – und mit ihr machte Krakow wenig später den Sprung ins Justizministerium. Bandion-Ortner wurde Ministerin, Krakow ihr Kabinettschef. Danach, im Jahr 2011, wechselte er als Anwalt in die Privatwirtschaft – zunächst in die Kanzlei Baker McKenzie, heute ist er Partner bei DLA Piper. Zudem ist er im Vorstand von Transparency International Österreich.

Rund ums Jahr 2018 – und das ist erst jetzt bekannt geworden – hätte er auch noch einen Schritt in eine ganz andere Karriere machen können. Wie sich aus Chats zwischen Florian Stermann, dem damaligen Chef der Österreichisch-Russischen Freundschaftsgesellschaft (ORFG), und dem einstigen FPÖ-Klubchef Johann Gudenus ergibt, war Krakow in blauen Kreisen als "nationaler Geheimdienstkoordinator" im Gespräch.

Krakow sollte "politisch neutraler Kandidat" sein

Vorbild für die Schaffung eines solchen Postens war Deutschland, geht aus der Zeugeneinvernahme von Stermann hervor. Auf die Frage der Ermittler, warum der ORFG-Generalsekretär Krakow vorgeschlagen habe, antwortete der, das "stammt 1:1 von Marsalek". Er selbst kenne Krakow nur aus den Medien und nicht persönlich.

Marsalek ist bekanntlich jener Österreicher aus dem Wirecard-Vorstand, dem im Zusammenhang mit dem Wirecard-Skandal Betrugshandlungen in Milliardenhöhe vorgeworfen werden. Er soll seit einem Jahrzehnt mit russischen Nachrichtendiensten kooperieren und mittlerweile in Moskau für den Inlandsgeheimdienst FSB arbeiten.

In den Chats wird behauptet, dass die ÖVP Krakow "akzeptieren" würde, zudem hätten auch die "wesentlichen Partnerdienste" Sicherheitsabklärungen durchgeführt. "In offiziellem Gespräch mit dem Mossad wurde bestätigt, dass Krakow als politisch neutraler Kandidat die Zustimmung Israels finden würde", schickte Stermann als "Infos von Jan" an Gudenus weiter, Marsalek meine, "er (Krakow, Anm.) hätte Interesse und wäre loyal zu uns". Mit "uns" sei die FPÖ gemeint gewesen, sagte Stermann den Ermittlern.

Zu dieser Zeit war der heutige FPÖ-Chef Herbert Kickl Innenminister, rund zwei Monate vor den Chats hatte die Hausdurchsuchung im Verfassungsschutz (BVT) für grobe Turbulenzen gesorgt. Diese Zwangsmaßnahme der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wurde später vom Oberlandesgericht Wien großteils für rechtswidrig erklärt.

Vertrauensperson für Martin Weiss

Einer der Auslöser für die Hausdurchsuchung war die Zeugenaussage des langjährigen BVT-Abteilungsleiters Martin Weiss, der kurz zuvor in Karenz gegangen war und einen Job bei Marsalek angetreten hatte. Bei dieser Einvernahme vor der WKStA im Februar 2018 hatte Weiss Krakow als Vertrauensperson mitgebracht.

Weiss, Marsalek und ein weiterer Ex-Agent namens Egisto Ott werden heute von Ermittlern einer "nachrichtendienstlichen Zelle" zugerechnet, die russischen Diensten zugearbeitet habe. Die Beschuldigten bestreiten das oder schweigen zu den Vorwürfen. Ott sitzt in Untersuchungshaft, Weiss lebt in Dubai. Es gilt die Unschuldsvermutung. Als Weiss am 25. Jänner 2021 von Ermittlern mit den Chats über Krakow konfrontiert wurde, gab er sich ahnungslos. Er kenne Krakow als Rechtsanwalt, und Marsalek habe Infos aus dem BVT nicht von ihm, so Weiss sinngemäß.

Krakow selbst wollte keine Stellungnahme zu alldem abgeben. (Renate Graber, Fabian Schmid, 26.4.2024)