Seit Juli 2023 gilt bei Mietwohnungen das Bestellerprinzip, seither können Makler in aller Regel von Wohnungssuchenden keine Provision mehr verlangen. Seither müssen viele Immobilienprofis aber feststellen, dass ein unterschriebenes Mietanbot für manche Wohnungssuchenden keinen verbindlichen Charakter mehr hat.

Ein Mietanbot kann oft schon ein gültiger Mietvertrag sein.
IMAGO/U. J. Alexander

Rein rechtlich betrachtet ist es zwar nach wie vor so, dass man als Wohnungssuchende an ein Mietanbot gebunden ist - dass also, wenn man einen solchen Vorvertrag unterschrieben hat, grundsätzlich schon ein Rechtsgeschäft zustande kommt, sofern der Vermieter oder die Vermieterin das Anbot annimmt. Eine Klage auf "Zuhaltung", also auf Einhaltung des Mietanbots, war aber schon bisher mühsam und außerdem wenig sinnvoll, unter anderem weil eine Wohnung nicht an einen zweiten Interessenten vermittelt werden kann, während eine Klage gegen den ersten noch läuft.

Bisher waren das eher Einzelfälle. Mit dem Bestellerprinzip hat sich die Lage verschärft, denn Wohnungssuchende würden nun viel öfter Mietanbote unterschreiben - und dann "untertauchen", heißt es. Wie man sich als Makler dagegen wehren und "frustrierte", also verlorene, Kosten zurückbekommen kann, das war kürzlich Thema beim Maklerdialog des Verbands der Immobilienwirtschaft (ÖVI).

"Was ist ein Mietanbot noch wert?", fragte Rechtsanwalt Reinhard Pesek (FSM Rechtsanwälte) rhetorisch in die Runde. Und klärte auf: "Ein Mietanbot entfaltet eine Bindungswirkung zwischen Mieter und Vermieter, nicht aber zwischen Mieter und Makler." Ergo: Zwischen Interessent und Maklerin kommt kein Vertrag mehr zustande, deshalb könne ein solcher auch nicht eingeklagt werden. Klagsberechtigt wäre die Vermieterin.

Vertrag gibt es nur mit dem Abgeber

Es komme aber darauf an, ob diese das Mietanbot zuvor vorbehaltlos angenommen hat oder ob beispielsweise ein Gegenanbot gemacht wurde. Nur im ersten Fall kommt ein Rechtsgeschäft schon mit dem Mietanbot zustande, und dann bestünde auch ein Provisionsanspruch des Maklers – allerdings eben nur gegenüber dem Abgeber, also der Vermieterin. Eine Maklerin hat auch in diesem Fall keinen Vertrag mit dem Interessenten.

Schadenersatzklagen von Maklern hält Pesek für aussichtslos. "Der Makler erleidet einen bloßen Vermögensschaden. Ohne Vertragsverhältnis ist ein solcher nur bei 'vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung' ersatzfähig." Das sei kaum zu beweisen. Außerdem könnten Mietinteressenten, die geklagt werden, argumentieren, dass der Makler seine Provision ja erhält – nur halt eben erst bei der nächsten Vermietung.

Rücktrittsgebühren "inhaltlich heikel"

Eine Möglichkeit wäre aber die Vereinbarung einer "Rücktrittsgebühr" auf Grundlage des "Reuegelds" gemäß ABGB. Hier könnte nicht nur die entgangene Provision eingeklagt werden, sondern auch etwa ein zweimonatiger Leerstand aufgrund des "Untertauchens" des Interessenten. Diese Gebühr müsste aber bereits ins Mietanbot hineingeschrieben werden, sagte Pesek; taucht sie erst im Mietvertrag auf, wäre das eine wesentliche Änderung des Anbots.

Und: Auch hier könnte nur der Vermieter der Begünstigte sein. Eine Abtretung an den Makler wäre aber denkbar. Fazit des Anwalts also: alles ziemliches rechtliches Neuland – und "inhaltlich heikel".

"Bedürfnisse der anderen Seite nicht außer acht lassen"

Vieles ist also gerade im Fluss in der Beziehung zwischen Vermietern, Maklerinnen und Wohnungssuchenden. Schon Jahre vor dem Beschluss des Bestellerprinzips wurde von Branchenvertretern der Immobilienwirtschaft ausgeführt, dass Maklerinnen und Makler sich für Mietwohnungssuchende einfach nicht mehr interessieren würden bzw. für diese auch aus Haftungsgründen ihren Service stark reduzieren werden, wenn es von der Mieterseite keine Provision mehr gibt. Doch die Beratung von Suchenden in Mietgeschäften könne trotzdem "weiterhin ein Teil unseres Geschäfts sein", sagte Wiens Makler-Obmann Michael Pisecky kürzlich auf einer weiteren Veranstaltung, nämlich der Immy-Gala am vergangenen Dienstag. Der Qualitätspreis der Wiener Fachgruppe der Immobilientreuhänder wurde in den Wiener Sofiensälen zum bereits 18. Mal vergeben.

Pisecky nützte die Gelegenheit für einen Appell an die Maklerinnen und Makler, auf die Wohnungssuchenden nicht ganz zu vergessen. "Wir dürfen die Bedürfnisse der anderen Seite nicht ganz außer acht lassen", sagte er auf der Veranstaltung. Maklerinnen und Makler sollten "Mieterinnen und Mieter schätzen und gut mit ihnen umgehen".

Seit der Einführung des Bestellerprinzips sei der Markt für Wohnungssuchende intransparenter geworden. "Viele Mietobjekte werden nicht mehr professionell aufbereitet und angeboten. Daher sind Immobilienmakler für Konsumenten wichtiger denn je, um sachkundige Beratung zu leisten und hochwertige Angebote zu schaffen." Wenn man die Beratung rein den Rechtsanwälten überlasse, koste das "sehr viel Geld".

20 Immys wurden verliehen

Beim Qualitätspreis wurden heuer anders als in den Vorjahren wieder nur Maklerinnen und Makler ausgezeichnet; für Bauträger und Verwalterinnen ist man gerade dabei, das Konzept zu überarbeiten, erläuterten Pisecky und Immy-Projektleiter Dietmar Hofbauer. Fünf Wiener Betriebe durften sich über eine Immy-Statuette in Gold freuen, nämlich APS Immobilien, Elisabeth Rohr Real Estate, Georg Fresacher - The Real Estate Immobilienmakler, Reischel Immobilien und Schönes Wohnen Immobilien.

15 weitere Unternehmen erhielten die Auszeichnung in Silber: Dr. Funk, Dr. Vospernik, EDEX, engelreal, Hübl & Partner, Klein & Partner, Marschall Real Estate, MF Immobilien Consulting, MIMAZ, ÖRAG, Paumgartner-Eccli, PlanetHome, Re/Max Real Expertes, Rudi Dräxler Immobilientreuhand, Zellmann Immobilien. (Martin Putschögl, 26.4.2024)