Das Bild zeigt einen Nutzer mit Apple Vision Pro
Vieles deutet darauf hin, dass die Mixed-Reality-Brille von Apple noch weit davon entfernt ist, ein Erfolg zu sein.
EPA/ETIENNE LAURENT

Die Einführung von Vision Pro war im Februar 2024 ein bedeutendes Ereignis in der Tech-Branche. Mit der Teilnahme von Apple hatten sich viele erhofft, dass mit der Gerätekategorie der Mixed-Reality-Headsets (XR) eine neue Ära beginnen würde. Vergeblich, wie es scheint: Trotz der anfänglichen Begeisterung, die das Debüt des Geräts begleitete, hat das Interesse der Verbraucher in den darauffolgenden Wochen offenbar deutlich nachgelassen. Ein Bericht von Apple-Insider Mark Gurman deutet darauf hin, dass sich kaum noch jemand für Vorführungen der Brille interessiert – und damit auch ein deutlicher Rückgang der Verkäufe in den Apple Stores verbunden ist.

Demnach würden viele Leute, die einen Termin zur Vorführung der Brille gebucht haben, gar nicht erscheinen. Zudem sei der Verkauf in Filialen stark zurückgegangen – von mehreren Einheiten pro Tag auf nur wenige in einer ganzen Woche. Apple scheint zudem seine Marketingbemühungen auf der eigenen Homepage verstärkt zu haben, es seien "die aggressivsten" seit dem Verkaufsstart des Geräts Anfang Februar.

Das nachlassende Interesse an der Vision Pro zeigt, dass Apple eben nicht auf Kommando zaubern kann – und die XR-Brille jenes Schicksal ereilt, das in dieser Produktkategorie fast schon als normal bezeichnet werden kann: Nach einer anfänglichen Euphorie erweisen sich die Aufrechterhaltung des Interesses neuer Kunden und das Engagement bestehender Nutzer als größte Herausforderung. Die derzeitige Stille um Vision Pro deutet jedenfalls darauf hin, dass die Brille die hohen Erwartungen an ein Gerät, von dem man sich eine ähnliche Wirkung wie vom iPhone versprach, nicht erfüllt hat.

Es geht einfacher

Gurman greift auch auf seine eigenen Erfahrungen und Beobachtungen mit der Hardware zurück und betont, dass die Komplexität der Einrichtung und Verwendung des Vision Pro eine abschreckende Wirkung haben könnte. Die Benutzer müssen das ständig externe Batterie-Pack managen und die Steuerung einer komplexen Benutzeroberfläche lernen. Das dürfte viele dann dazu veranlassen, doch lieber einfachere Geräte wie Smartphones und Laptops für ihre täglichen Aufgaben vorzuziehen.

Das Fehlen überzeugender Inhalte und einer "Killer-App" macht es zudem noch schwieriger, das Interesse der Nutzer dauerhaft zu wecken. Vision Pro mag zwar durchaus einzigartige Funktionen bieten, die durch eine Abschottung von der Umwelt begünstigt werden können, wie zum Beispiel das Anschauen von Filmen oder das Arbeiten im Homeoffice, wenn der Platz dafür begrenzt ist.

In vielen Situationen erweist sich genau das aber auch als hinderlich – wozu also 3500 Dollar ausgeben, wenn ein einfacheres Gerät, das man in der Regel ohnehin schon besitzt, die Aufgaben besser erfüllt? Ein wesentlicher Punkt, der die Kluft zwischen den potenziellen Anwendungsmöglichkeiten des Geräts und den aktuellen Bedürfnissen und Vorlieben der Verbraucher verdeutlicht. Und den unverschämt hohen Einstiegspreis von 3500 Dollar umso schwieriger rechtfertigt.

Aufgrund dieser Herausforderungen versucht Apple das Betriebssystem visionOS kontinuierlich zu verbessern. Mit den jüngsten Aktualisierungen wurden etwa Funktionen wie Spatial Personas eingeführt, um eben bekannte Probleme zu adressieren. Nutzer sollen sich trotz räumlicher Distanz wie im selben Raum zu fühlen. Ob das ausreicht, darf allerdings bezweifelt werden. Die Wirksamkeit und Attraktivität dieser Funktionen hängt in hohem Maße auch davon ab, dass es eben eine große Anzahl anderer Nutzer gibt – was derzeit nicht der Fall ist.

Gebremste Erwartungen

Apple scheint ohnehin vorsichtig zu sein, was Produktion und Zukunftsaussichten der Vision Pro anbelangt. Analyst Ming-Chi Kuo zufolge plant der Konzern, im Jahr 2024 rund 400.000 Einheiten zu produzieren – eine Entscheidung, die sich neben komplexen Herstellungsprozessen jetzt auch wegen einer bescheidenen Nachfrage auszuzahlen scheint. Um eine breitere Kundenbasis anzusprechen, soll Apple zudem an den Plänen festhalten, für nächstes Jahr eine günstigere Version von Vision Pro zu entwickeln.

Bis dahin sieht die Strategie des Konzerns vor, den Markt für Vision Pro international auszuweiten, wobei die Markteinführung in China eine größere Rolle spielen dürfte. Auf diesem noch relativ neuen Markt wird der Erfolg von Partnerschaften mit großen Technologieunternehmen wie Tencent abhängen, die beliebte Apps in das Gerät integrieren könnten. Die Herausforderungen bei der Integration von AR- und VR-Technologie in den alltäglichen Gebrauch bleiben für Apple aber auch dort dieselben. (bbr, 22.4.2024)