Ältere Frau mit langen weißen Haaren meditiert vor einem See
Frauen setzen den Beginn des Altseins später an als Männer. Generell sind ältere Menschen heute fitter als früher.
Joseffson / Westend61 / pictured

Ab wann ist man alt? Diese Frage beantworten Frauen im Schnitt mit einer höheren Zahl als Männer. Das hat eine Studie ergeben, die im Fachblatt "Psychology and Aging" veröffentlicht wurde. "Frauen setzen den Beginn des höheren Alters im Durchschnitt ungefähr zweieinhalb Jahre später an", sagt Studienautor Markus Wettstein von der Berliner Humboldt-Universität. Das könne damit zusammenhängen, dass Frauen im Schnitt länger leben.

Eine weitere Erklärung sei, dass Frauen im Alter mehr stigmatisiert würden als Männer, ergänzt der Psychologe. Der Beginn des Altseins werde deswegen höher gesetzt, um sich von dem negativen Bild abzugrenzen.

Alter beginnt gefühlt später

Die Untersuchung von Wissenschaftern der Humboldt-Universität, der Stanford University in den USA, der Universität Luxemburg und der deutschen Universität Greifswald basiert auf Daten des Deutschen Alterssurvey, einer deutschlandweit repräsentativen Befragung von Personen, die 40 Jahre und älter sind. Die Forschenden werteten Daten von rund 14.000 Menschen aus, die zwischen 1911 und 1974 geboren wurden. Die zentrale Frage dabei: Ab welchem Alter würden Sie jemanden als alt bezeichnen?

Wettstein und sein Team fanden heraus, dass Altsein für Erwachsene heute gefühlt später beginnt als für Menschen, die in früheren Jahrzehnten geboren wurden. Demnach hatten 65-Jährige, die 1955 zur Welt kamen, das subjektive Empfinden, dass Altsein im Schnitt mit 75 Jahren beginnt. Für 65 Jahre alte Menschen, die bereits 1911 geborenen wurden, begann Altsein dem Modell der Wissenschafter zufolge gefühlt schon mit 71.

Gesünder und fitter

Was sind die Gründe dafür? "Ein Punkt ist sicherlich, dass die Lebenserwartung in den letzten Dekaden angestiegen ist", sagt Wettstein. Dem Statistischen Bundesamt in Deutschland zufolge hatten beispielsweise 65-jährige Männer in den Jahren 1901 bis 1910 im Schnitt noch 10,4 Jahre zu leben, gleichaltrige Frauen rund elf Jahre. 1960 bis 1962 waren es in Westdeutschland für gleichaltrige Männer bereits 12,4 und für Frauen 14,6 weitere Jahre. In den Jahren 2019 bis 2021 waren es bei Männern 17,8 Jahre, bei Frauen rund 21. Zuletzt hat sich der Anstieg der Lebenserwartung den Angaben zufolge aber verlangsamt. Dementsprechend verlangsamt sich laut Wettstein auch der Trend eines später wahrgenommenen Altersbeginns.

Eine weitere Begründung für die Entwicklung sei, dass der Beginn der Pension typischerweise mit Altsein in Verbindung gebracht werde, das Pensionsalter im Lauf der Jahre aber gestiegen sei, betont Wettstein. Hinzu käme, dass alte Menschen heute im Schnitt gesünder und fitter seien als früher und dadurch länger jung wirkten.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Alterssurveys wurden über die Jahre hinweg mehrfach befragt. Wettstein zufolge stellten die Wissenschafter bei der Auswertung der Daten ein weiteres Phänomen fest: "Wenn eine Person älter wird, schiebt sie den Beginn des höheren Alters immer ein bisschen weiter nach hinten", sagte der Psychologe. Ein Beispiel: Eine 60-jährige Frau, für die Altsein eigenen Angaben zufolge mit 74 Jahren beginnt, findet mit 65 Jahren, dass das Alter erst mit 75 losgeht. (red, APA, 22.4.2023)