Am Dienstagabend stimmte die Mehrheit in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats für die Aufnahme des Staates Kosovo in den Europarat. In der Stellungnahme wird festgestellt, dass der Kosovo alle Mitgliedschaftsvoraussetzungen erfüllt. Eine endgültige Entscheidung wird im Ministerkomitee des Europarats im Mai getroffen. Der Kosovo könnte noch im Frühjahr der 47. Mitgliedsstaat des Europarats werden. Im Vorfeld hatte die kosovarische Regierung eine Entscheidung des Verfassungsgerichts umgesetzt, um die Zustimmung anderer Europäer zu erhalten. Dabei ging es um die Rückgabe von 24 Hektar Land an das berühmte Kloster Deçani. Zuvor hatte Premierminister Albin Kurti immer wieder die Umsetzung dieser Entscheidung ausgeschlossen, am Ende aber doch nachgegeben.

Kosovos Premier Albin Kurti
Kosovos Premier Albin Kurti lenkte ein.
IMAGO/V Xhymshiti

Mit der Mitgliedschaft im Europarat könnten die Kosovaren ihre Rechtsanliegen auch vor den in Straßburg ansässigen Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) bringen. Dora Bakoyannis, ehemalige griechische Außenministerin und Schwester des derzeitigen griechischen Premierministers Kyriakos Mitsotakis, legte vor der Abstimmung am Dienstag einen Bericht über Rechtsstaatlichkeit im Kosovo vor. Griechenland erkennt zwar die Unabhängigkeit des Kosovo nicht an, die Zusammenarbeit zwischen den beiden Staaten ist aber mittlerweile sehr gut.

Thema Gemeindeverband

Einige Redner betonten am Dienstag während der Debatte, dass sie vom Kosovo auch die Schaffung eines Verbandes der serbischen Gemeinden fordern. Dieser Gemeindeverband wurde bereits in einem Abkommen der EU 2013 beschlossen. Ein Entwurf für das Statut des Gemeindeverbands soll auch dem kosovarischen Verfassungsgericht vorgelegt werden. Kurti hat sich häufig gegen den Gemeindeverband ausgesprochen, allerdings könnte gerade dieser ein zentraler Punkt sein, um den Kosovo vor anderen "Lösungen" zu schützen.

Denn falls der US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump wieder an die Macht kommen sollte, könnten US-Vertreter erneut den Gebietsaustausch aufs Tapet bringen, den vor allem der serbische Präsident Aleksandar Vučić vor wenigen Jahren promotete. Dabei ging es darum, dass der Norden Kosovos, wo viele Serbinnen und Serben leben, vom Kosovo abgetrennt und an Serbien angegliedert werden soll. Dieser Gebietstausch gilt als äußerst gefährlich, weil er Grenzen nach ethnischen Kriterien schaffen würde und dies in der Folge dazu führen könnte, dass Nationalisten verlangen, dass auch weitere Grenzen auf dem Balkan nach ethnischen Kriterien gezogen werden. Dies könnte massive Gewalt in der Region auslösen.

Eine mögliche Wiederkehr Trumps, die im Interesse der serbischen Regierung ist, könnte auch die Position der Nato im Kosovo schmälern, wo Nato-geführte Kfor-Soldaten stationiert sind. Die Kfor-Soldaten sorgen für Sicherheit im Kosovo. Sie wurden allerdings im Mai des Vorjahrs selbst zum Angriffsziel serbischer Nationalisten im Norden Kosovos. Einige Soldaten wurden dabei schwer verletzt. Die Situation gilt vor allem seit dem Terrorangriff serbischer Milizen auf die kosovarische Polizei im September 2023 als besonders fragil. Ein Polizist kam bei dem Terrorangriff ums Leben. Die kosovarische Polizei stellte ein riesiges Waffenarsenal und unter anderem auch Panzerfahrzeuge sicher, die illegal aus Serbien in den Kosovo eingeschleust worden waren.

Bedrohlicher Aufmarsch

Wegen des Terroranschlags sorgen auch Panzer und Hubschrauber, die Serbien für eine Militärübung Anfang der Woche an die kosovarische Grenze bringen ließ, für Verunsicherung. Serbien will die Mitgliedschaft Kosovos im Europarat verhindern. Die von Serbien dirigierte kosovo-serbische Partei Srpska Lista hat zuletzt auch angekündigt, ein Referendum zu boykottieren, durch welches albanische Bürgermeister in den mehrheitlich von Serbinnen und Serben bewohnten Gemeinden im Norden abgesetzt werden könnten, um serbische Kandidaten zu Bürgermeistern wählen lassen zu können.

Albaner wurden nur deshalb Bürgermeister, weil die serbische Regierung die Serben und Serbinnen im Kosovo aufgefordert hatte, die Wahlen zu boykottieren. Der Umstand, dass durch Anweisungen aus Belgrad Serbinnen und Serben auch nicht mehr in den kosovarischen Institutionen wie der Polizei oder Justiz vertreten sind, stellt ein gefährliches Vakuum dar. Die serbische Regierung könnte in Zukunft argumentieren, dass die Serbinnen und Serben im Norden nicht in den Staat Kosovo integriert seien und deshalb eine Teilung des Kosovo aufgrund der "Fakten vor Ort" legitim sei. Durch die Schaffung des Gemeindeverbands könnte dieses Vakuum jedoch wieder geschlossen werden, und Versuche, die territoriale Integrität Kosovos infrage zu stellen, wären eingedämmt.

Eine Mitgliedschaft Kosovos im Europarat vor einer möglichen Rückkehr von Donald Trump als US-Präsident soll auch die Staatlichkeit des Kosovo noch einmal unterstreichen. Serbien hat diese Staatlichkeit bis heute nicht anerkannt und versucht nach wie vor, auf internationaler Ebene diese Staatlichkeit zu bekämpfen. Es wird dabei von Russland und von China unterstützt. Innerhalb von Europa unterstützt vor allem die ungarische Regierung die serbische Regierung. Im Rechtsausschuss des Europarats wurde nun jedoch eine Stellungnahme angenommen, in der es heißt, "dass Kosovo ein 'europäischer Staat' im Sinne von Artikel 4 der Satzung des Europarats und den Kriterien der Staatlichkeit nach dem Völkerrecht ist". (Adelheid Wölfl aus Prishtina, 17.4.2024)