Läuferinnen und Läufer nach dem Start des Vienna City Marathons 2023
Großveranstaltungen wie der Vienna City Marathon können auch mental ganz schön herausfordernd sein, wenn rechts und links von einem ständig schnellere Läufer und Läuferinnen vorbeizischen.
APA/EVA MANHART

Wochen-, ja vielleicht sogar monatelang haben Sie drauf hingefiebert, eifrig trainiert, sich mental vorbereitet, und nun ist es endlich so weit: Der Wettkampf steht bevor! Und damit schleicht sich auch eine gewisse Aufregung ein.

Klara Fuchs kennt das. Sie hat selbst schon zahlreiche Wettkämpfe absolviert, coacht als Lauf- und Mentaltrainerin Hobbysportlerinnen und Hobbysportler und weiß: "Eine Wettbewerbssituation kann mental sehr stressig sein, vor allem wenn man das noch nie gemacht hat." Da kann es nicht schaden, sich vorab ein paar Tipps zurechtzulegen, an denen man sich am großen Tag dann gedanklich festhalten kann:

1. Langsam starten und nicht stressen lassen

Vermutlich können Sie es schon nicht mehr hören. Aber alle, die schon einmal einen Wettkampf gelaufen sind, wissen, dass man das nicht oft genug betonen kann: Ziel ist es, das Tempo bis zum Schluss durchzuziehen, deshalb sollte man wirklich langsam beginnen.

Das kann mental ganz schön schwierig sein – vor allem wenn nach dem Start direkt viele andere Läuferinnen und Läufer an einem vorbeizischen. "Man kommt sich irrsinnig langsam vor. Aber man darf nicht vergessen, dass viele Laufbewerbe sehr elitär sind. Man sieht wenig Diversität und hauptsächlich sehr sportliche Menschen mit dem allerbesten Equipment. Da kann man sich schon einmal in Erinnerung rufen, dass das sicherlich nicht der Durchschnitt ist", sagt Fuchs.

Außerdem sollte man sich ganz bewusst auf den eigenen Beweggrund für die Teilnahme fokussieren. Denn das Ziel muss nicht sein, mit einer möglichst schnellen Zeit ins Ziel zu laufen, findet Fuchs. "Fitter werden für die Kinder, das Selbstbewusstsein stärker oder gesünder leben zu wollen können genauso Gründe sein für eine Teilnahme am Laufbewerb", sagt die Expertin.

Auch eine Renntaktik kann Sicherheit geben: "Wer sich vorab überlegt, wie er die unterschiedlichen Phasen des Laufes angeht, kann mental besser bei sich bleiben. Das kann unterschiedlich aussehen, etwa ab Kilometer fünf soundso schnell laufen, ab Kilometer zehn dann nochmal aufs Gas steigen und so weiter."

2. Offen bleiben dafür, dass es nicht so läuft wie geplant

Aber auch wenn eine gewisse Renntaktik mental Sicherheit gibt, sollte man flexibel bleiben. Denn: Selbst wenn man sich noch so gut vorbereitet hat, kann es immer anders kommen als geplant: Vielleicht führt die Stresssituation zu Bauchweh, möglicherweise stolpert und stürzt man und kommt dadurch aus dem Konzept. "Ein Plan für den großen Tag kann helfen, aber es braucht genauso Raum für Flexibilität", betont Fuchs.

Wem es hilft, der oder die kann sich auch einen Plan B zurechtlegen: "Vielleicht reduziert es den Stress, mental schon einmal ein zweites Szenario durchzugehen. Wenn man sich vorab überlegt, was man macht, wenn beim Plan A etwas schiefgeht, ist man nicht überrascht und bleibt fokussierter."

3. Keine Experimente wagen

Fragt man erfahrene Wettkampfsportlerinnen und Wettkampfsportler nach ihren besten Tipps für den großen Tag, wird früher oder später von allen kommen: Keine Experimente! "Das gilt für das Laufoutfit genauso wie die Verpflegung und alles drumherum", betont auch Fuchs.

Am Wettkampftag sollte man alles so machen, anziehen, essen und trinken, wie man es auch im Training schon getan hat. In Sachen Ernährung sollte man auch schon ein paar Tage davor lieber zu Altbewährtem greifen und keine Essensexperimente starten. Kurzum: Achten Sie auf einer erhöhte Kohlenhydratzufuhr, um die Energiespeicher aufzufüllen, aber bleiben Sie dafür bei Dingen, die Sie gewohnt sind und gut vertragen.

Lauftrainerin Klara Fuchs beim Laufen im Prater
Egal ob beim Essen oder bei der Bekleidung: Am Wettkampftag sollte man auf Altbewährtes setzen, sagt Lauftrainerin Klara Fuchs.
Stefan Brandstetter / Zalando

4. Vergleichen, ja – aber mental dennoch bei sich bleiben

"Dass wir uns vergleichen, liegt in der Natur von uns Menschen", stellt Fuchs klar. Und ein Wettbewerb ist im Grunde nichts anderes als ein großer Vergleich mit vielen anderen Läuferinnen und Läufern. Aber von diesem Gedanken sollte man sich am Wettkampftag nicht zu sehr stressen lassen, sagt Fuchs: "Zu Beginn ist es noch recht einfach, bei sich zu bleiben. Aber mental stark zu sein ist umso schwieriger, je müder man ist, also auf den letzten Kilometern."

Was dann hilft, ist individuell. Die einen haben eine spezielle Playlist mit besonders motivierenden Songs, die einen gedanklich durch die restliche Strecke helfen. Und manch anderen kann es helfen, sich mental einen Laufbuddy zu suchen. "Es kann durchaus Sinn machen, sich jemanden aus der Menge rauszupicken, der oder die ungefähr im eigenen Tempo läuft und sich da dranzuhängen. Vorausgesetzt das motiviert einen und man lässt sich dadurch nicht in einen negativen Gedankenstrudel ziehen, wenn die andere Person etwa das Tempo anzieht und man nicht mehr mithält", sagt die Expertin. Eine App oder Laufuhr kann helfen, das eigene Tempo zu kontrollieren und im gewohnten Pulsbereich zu bleiben.

5. Spaß haben!

Es klingt banal, ist aber umso wichtiger. Sie sind gut vorbereitet, das wochen- oder monatelange Training war harte Arbeit, der Bewerb selbst ist jetzt nur noch die Belohnung dafür. Auch oder gerade wenn es zwischendurch einmal zäh wird, sollte man sich innerlich für die Teilnahme feiern und darf ruhig ein bisschen stolz sein, sagt Fuchs: "Lassen Sie sich anfeuern, genießen Sie den Bewerb, und laufen Sie mit einem Lächeln ins Ziel!" (Magdalena Pötsch, 20.4.2024)