ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker will an den gesetzlichen Regelungen zu Staatsbürgerschaft und Wahlrecht nicht rütteln.
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Keine "parteipolitischen Experimente" will Karl Nehammer mit "unserer Staatsbürgerschaft" zulassen. Weder die Vergabe der Staatsbürgerschaft noch das Wahlrecht sollen "aufgeweicht" werden, heißt es in dem vom Kanzler und ÖVP-Chef im Jänner in Wels präsentierten Österreich-Plan im Kapitel "Rot-Weiß-Rot Act".

Alles soll also bleiben, wie es ist – zumindest wenn es nach der ÖVP geht. In ihrer Position bestätigt sieht sich die Volkspartei durch eine von ihr in Auftrag gegebenen Onlineumfrage, die Generalsekretär Christian Stocker am Montag bei einer Pressekonferenz zwar inhaltlich vorgestellt, aber nicht vorgelegt hat. Auf Anfrage lässt ein Sprecher wissen, dass man interne Umfragen generell nicht herausgeben würde.

Demnach sind drei Viertel der 1.000 von Demox Befragten dafür, dass die teils hohen Hürden für den Erwerb der Staatsbürgerschaft beibehalten werden. Zwei Drittel sollen sich dafür ausgesprochen haben, dass der Erwerb des österreichischen Passes weiterhin grundsätzlich erst nach zehn Jahren möglich ist. Gar 90 Prozent der Befragten sind demnach der Meinung, dass eine gelungene Integration Voraussetzung für den Erwerb der Staatsbürgerschaft sein soll. Und zwei Drittel sollen außerdem die aktuelle Gesetzeslage befürworten, wonach die Staatsbürgerschaft Voraussetzung sein soll, um hierzulande auch wählen zu dürfen.

Die Ergebnisse würden "klar zeigen", dass die Menschen mit der bestehenden Rechtslage zufrieden seien "und auch keine Änderung in Sachen Staatsbürgerschaft und Wahlrecht wollen", bekräftigte Stocker. Die Botschaft kommt nicht von ungefähr, immerhin sprechen sich andere Parteien – etwa SPÖ und Grüne – sehr wohl für Erleichterungen beim Zugang zur Staatsbürgerschaft und damit zum Wahlrecht aus. Die Debatte darüber kommt regelmäßig auch vor Wahlen auf, weil in Österreich das Demokratiedefizit immer größer wird. In Wien kann etwa ein Drittel aller Bürgerinnen und Bürger aufgrund einer fremden Staatsbürgerschaft nicht an Wahlen oder Volksabstimmungen teilnehmen.

Gegen privilegierte Einbürgerung

Im Umkehrschluss heißt das aber auch: Verschärfungen des ohnehin sehr restriktiven Staatsbürgerschaftsrechts plant die Volkspartei ebenso wenig. Obwohl Landeshauptleute der ÖVP zuletzt sehr wohl schärfere Töne in Sachen Staatsbürgerschaft angeschlagen hatten. Der steirische Landeshauptmann Christopher Drexler – auch er hat in diesem Jahr eine Wahl zu schlagen – kann sich in diesem Zusammenhang vorstellen, dass Menschen, die österreichische Staatsbürger werden wollen, "beweisen" müssen, "dass sie unseren Wertekanon internalisiert und nicht nur einen Multiple-Choice-Test abgelegt haben". Im Februar meinte er, dass man "eine Glaubhaftmachung, ein Bekenntnis zur Demokratie, Freiheit, Gleichberechtigung von Mann und Frau durchaus verlangen" könne.

Drexler machte sich zudem, wie schon im November des Vorjahres, für eine Verschärfung des Staatsbürgerschaftsrechts stark. Geht es nach ihm, soll die 2013 von der rot-schwarzen Koalition eingeführte Option, unter bestimmten Voraussetzungen die Staatsbürgerschaft bereits nach sechs statt nach zehn Jahren zu erhalten, wieder fallen. Dieselbe Forderung kam zuletzt auch aus Niederösterreich: Eine privilegierte Einbürgerung nach sechs Jahren soll es künftig nicht mehr geben, die Verleihung der Staatsbürgerschaft soll generell erst nach frühestens zehn Jahren möglich sein, verlangte die niederösterreichische Volkspartei. (Sandra Schieder, 25.3.2024)