Kogler Nehammer Ministerrat Regierung
Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) beim Pressefoyer nach einer Sitzung des Ministerrates.
APA/ROLAND SCHLAGER

Linz – Es war einmal – und das ist kein Märchen – eine Regierung, der große Teile der Wahlberechtigten Einigkeit bescheinigt haben. Tatsächlich ist das erst fünf Jahre her: Im April 2019, kurz vor Bekanntwerden des Ibiza-Videos, sagten 42 Prozent, dass die Regierungsparteien ÖVP und FPÖ kaum streiten, 41 Prozent sagten auch, dass der damalige Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und sein Vize Heinz-Christian Strache (FPÖ) kaum streiten würden. Heute sagen nur sechs Prozent, dass die Regierungsparteien kaum streiten – vor drei Jahren, mitten im zweiten Corona-Lockdown, sahen noch zwölf Prozent Einigkeit in der Regierung Kurz/Kogler. Eine gute Zusammenarbeit zwischen Bundeskanzler Karl Nehammer und seinem Vizekanzler Werner Kogler nehmen aktuell nur 13 Prozent wahr.

Das geht aus dem Vergleich von drei Umfragewellen hervor, die das Linzer Market-Institut für den STANDARD durchgeführt hat.

Market-Politikforscher David Pfarrhofer: "Man vergisst gerne, dass die türkis-blaue Regierung recht beliebt war – zumindest so lange, wie Ibiza bloß irgendeine Ferieninsel ohne politische Bedeutung war. Andererseits darf man die ÖVP-FPÖ-Zusammenarbeit nicht verklären. Denn damals haben 48 Prozent gesagt, dass die damalige Regierung die Gesellschaft spalte. Aber das wird über die heutige Regierung ja auch von 44 Prozent gesagt, das liegt in der statistischen Schwankungsbreite."

Statistisch signifikant ist dagegen die Veränderung in der Einschätzung der Reformfreude der Regierung: 33 Prozent attestierten seinerzeit Türkis-Blau, Reformen zügig anzugehen – Türkis-Grün trauen das nur vier Prozent zu. 23 Prozent sahen klar formulierte Ziele von ÖVP und FPÖ; bei der jetzigen Regierung beobachten nur vier Prozent, dass sie immer klar sage, was sie vorhat. Und wozu überhaupt? Der Aussage "Die Regierung setzt die richtigen Schritte, um Österreich fit für die Zukunft zu machen" stimmten 2019 immerhin 27 Prozent zu, jetzt sind es nur neun Prozent. Selbst in den Wählerschaften der Regierungsparteien sieht nur etwa jede vierte befragte Person, dass die Regierung da etwas richtig mache.

Mehrheit sieht Aufgaben auf der langen Bank 

Wichtige Themen würden auf die lange Bank geschoben – diesen Vorwurf machten 29 Prozent der Regierung Kurz/Strache, der Regierung Nehammer/Kogler werfen das 53 Prozent vor. Und: 2019 meinte noch jeder Fünfte, die Regierung tue viel für die Familien, jetzt sagt das nur noch jeder Neunte. Menschen mit Kindern im Haushalt antworten in diesem Punkt übrigens nicht anders als solche ohne Kinder.

Weitgehend unverändert ist der Prozentsatz derer, die der Regierung vorwerfen, soziale Kälte zu verbreiten – 2019 stimmten 39 Prozent in diese Ansicht ein, jetzt sind es 35 Prozent. Ebenso unverändert ist die vor allem von der SPÖ verbreitete Ansicht, dass die Regierung "einseitig die Reichen und die Unternehmer" begünstigt – das sagten vor fünf Jahren 42 Prozent, jetzt sagen es 40 Prozent. In der Anhängerschaft der Sozialdemokraten verfängt dieses Thema besonders stark, aber auch die vielen Wähler der Freiheitlichen (und die wenigen der Kommunisten) stimmen der Aussage in hohem Maße zu.

Wahrgenommene Verbesserungen gibt es in der Haltung zum Rechtsextremismus: Nur 20 Prozent glauben, dass die Regierung den Rechtsextremismus begünstige – vor fünf Jahren, als die FPÖ mit in der Regierung war, meinten das noch 33 Prozent. Und der Vorwurf, die Regierung sei unfair zu Ausländern, der von 26 Prozent gegen Türkis-Blau erhoben wurde, wird nun nur mehr von acht Prozent erhoben.

Kein gutes Zeugnis für Krisenmanagement

Pfarrhofer verweist auch auf das Sicherheitsthema, das die FPÖ stark forciert: "Zwar wird wahrgenommen, dass die Regierung unter Ministerin Klaudia Tanner mehr für das Bundesheer ausgibt als unter dem damaligen freiheitlichen Verteidigungsminister Mario Kunasek – aber dass die Regierung insgesamt viel für die Sicherheit tue, sehen nur zehn Prozent. Und dass der Regierung Bildung wichtig wäre, dass sie hohes Ansehen in Europa habe oder dass sie den Befragten irgendwelche Vorteile bringe – das glauben wirklich nur ganz wenige."

Im Gegenteil: DER STANDARD ließ die Aussage vorlegen "Was Leute wie ich denken, ist der Regierung eigentlich egal". Dem stimmen aktuell 51 Prozent zu – unter Türkis-Blau waren es nur 42 Prozent. Von den Wählerinnen und Wählern der FPÖ glauben sogar drei Viertel, dass der Regierung egal sei, was sie und ihresgleichen denken. Und: Besonders viele Menschen mit einfacher Bildung, in höherem Alter und mit generell pessimistischer Grundhaltung meinen, dass ihre Meinung bei der Regierung nichts zähle.

Und hat die Regierung Österreich wenigstens gut durch die Krisen der vergangenen Jahre gebracht? Da gibt es klarerweise keine Vergleichswerte – aber die 22 Prozent Zustimmung sind kein besonders gutes Zeugnis. Anerkennung gibt es vor allem in den Wählerschaften der Regierungsparteien, bei Menschen mit höherer Bildung und bei Senioren. (Conrad Seidl, 25.3.2024)