Prinzessin Leonor (Mitte) bei der Zeremonie im spanischen Parlament.
Prinzessin Leonor (Mitte) bei der Zeremonie im spanischen Parlament.
AFP/JAVIER SORIANO

Ein Blick in den Plenarsaal des Parlaments gibt Auskunft über den Zustand der spanischen Monarchie. Die Abgeordneten der linksalternativen Sumar, Juniorpartner in der alten und wohl auch neuen Linkskoalition, blieben fast alle der Feierstunde fern. Nur diejenigen, die ein Ministeramt innehaben, wie Vizeministerpräsidentin Yolanda Díaz, nahmen zusammen mit den Sozialisten von Regierungschef Pedro Sánchez Platz. Der Grund der Abwesenheit: Sumar ist republikanisch.

Aus den nach Eigenständigkeit strebenden Regionen nahm ebenfalls niemand an der Vereidigung der Prinzessin von Asturien, so Leonors offizieller Titel, teil. Weder die Vertreter der baskischen noch der katalanischen Parteien waren anwesend. Und selbst die Chefs der dortigen Autonomieregierungen sagten, anders als 1986 bei der Vereidigung des jetzigen Monarchen Felipe VI., ab.

"Das Einzige, was vermittelt werden soll, ist die Kontinuität eines Modells, mit dem wir nicht einverstanden sind und das die nationale Anerkennung des Baskenlandes verweigert", erklärte die im Baskenland regierende PNV. Und in Katalonien haben sie bis heute nicht vergessen, dass König Felipe VI. in einer Rede nach dem von Madrid untersagten Unabhängigkeitsreferendum 2017 keinerlei Verständnis aufbrachte und den Weg für ein hartes Durchgreifen ebnete, das mit hohen Haftstrafen gegen ein Dutzend Politiker und der Auflösung der Autonomieregierung endete.

Juan Carlos nicht geladen

Auch auf den Familienrängen war es überschaubar. Leonors Großvater, Altkönig Juan Carlos I., war eigens zum 18. seiner Enkeltochter aus dem Exil in Dubai angereist, wurde aber von Sohn Felipe VI. von der Feierstunde ausgeschlossen. Juan Carlos I., einst von Diktator Franco als sein Erbe an der Staatsspitze bestimmt, war dennoch lange für den Übergang zu Demokratie beliebt, bis seine Steuerhinterziehungen und korrupten Geschäfte und zahlreichen Frauengeschichten bekannt wurden. Er trat 2014 zurück, Felipe VI. bestieg den Thron. Es war die schwärzeste Stunde der modernen Monarchie. Der Ex-Monarch, der im Exil in Dubai jetzt ganz offiziell steuerfrei lebt, entging einem Gerichtsverfahren nur, weil ein König in der spanischen Verfassung als "unantastbar" gilt. Großmutter Sofia – längst von Juan Carlos getrennt – musste ebenfalls zu Hause bleiben, um keinen Unterschied zu machen.

Wie hoch der Zuspruch zur Monarchie nach den Eskapaden von Juan Carlos I. noch ist, kann niemand so genau sagen. 2015 strich das öffentliche Meinungsforschungsinstitut die wiederkehrende Frage nach der Beliebtheit des Königshauses. Eine von mehren Nachrichtenportalen in Auftrag gegebene Umfrage 2021 zeigte, dass nur 31 Prozent die Monarchie unterstützen. 39 Prozent sprachen sich für eine Republik aus.

Da schwor also die junge Leonor, erste Frau als Anwärterin auf den Thron seit 160 Jahren, vor zerrütteter Familie und den Vertretern eines bis auf die politische Rechte wenig begeisterten Volkes, ihre "Pflichten treu zu erfüllen, die Verfassung und die Gesetze einzuhalten und die Rechte der Bürger und der autonomen Gemeinschaften (…) zu wahren".

Imagekampagne des Königshauses

Der Zeremonie ging eine großangelegte Marketingkampagne voraus, um das Image der Monarchie zu verbessern. In den vergangenen Monaten füllten Fotos die sozialen Netzwerke und die Seiten der Illustrierten. Zuerst waren es Bilder der militärischen Ausbildung, dann die Feier am Ende der Grundausbildung. Und pünktlich zum 18. öffneten Felipe VI. und seine bürgerliche Frau Letizia Ortiz, eine ehemalige Journalistin im staatlichen Fernsehen, das Familienalbum: Leonor als Baby, im Kindergarten, in der Schule, mit Schwester und Eltern im Urlaub.

Es ist die traurige Sammlung einer auf sich zurückgezogenen Kleinfamilie. Die königlichen Großeltern fehlen ebenso wie skandalgeplagte Cousins und Cousinen, alle Tanten und natürlich ein wegen Korruption zu über sechs Jahren Haft verurteilter Onkel. Auch die Großeltern mütterlicherseits – geschieden, links und republikanisch – sind nicht zu sehen.

Dennoch macht die Klatschpresse eine "Leonormania" aus. Ob diese – sofern es sie tatsächlich gibt – über den Presserummel zum Tag der Vereidigung hinaus anhalten wird und ob es Leonor gelingt, die Monarchie wieder beliebt zu machen, kann niemand sagen. Die Tageszeitung "El País" übermittelt gelehrte Ratschlägen zum Erfolg: "Ein halbes Dutzend Historiker warnen vor den Risiken für die künftige Königin: der Korruption zu verfallen wie der Großvater, sich in die Politik einzumischen oder zum Zankapfel des Streits zwischen Parteien zu werden". (Reiner Wandler aus Madrid, 31.10.2023)