Auch 48 Stunden nach der ersten Abstimmung konnte der Vorsitzende der konservativen spanischen Partido Popular (PP) am Freitag keine Mehrheit im spanischen Parlament erzielen. Erneut stimmten 177 Abgeordnete gegen Alberto Núñez Feijóo als Regierungschef und nur 172 für ihn – neben seiner PP die rechtsextreme Vox sowie zwei Abgeordnete zweier regionaler rechter Formationen. Anders als am vergangenen Mittwoch hätte diesmal die einfache Mehrheit der Stimmen – also mehr Ja- als Nein-Stimmen – gereicht. Feijóo hatte keine Unterstützung anwerben können, da niemand zusammen mit Vox stimmen wollte. Eine Stimme war ungültig.

Porträt von Feijóo
Der konservative Oppositionsführer scheiterte auch im zweiten Wahlgang.
AFP/JAVIER SORIANO

Spaniens König Felipe VI. wird jetzt erneut alle Fraktionschefs zu sich laden, um dann zu entscheiden, ob er einen anderen Politiker mit der Regierungsbildung beauftragt. Dieser hat dann bis zum 27. November Zeit, eine Regierungsmehrheit zu schmieden. Gelingt das nicht, wird am 14. Jänner erneut gewählt.

Es ist zu erwarten, dass der Monarch den bisherigen Sozialistischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez bittet, sein Glück zu versuchen. Dieser hat bereits angekündigt, in der Lage zu sein, eine Mehrheit hinter einer Linkskoalition aus seiner sozialistischen PSOE und der linksalternativen Sumar zu vereinen. Dazu bräuchte er all diejenigen, die gegen Feijóo stimmten. Also vor allem auch nationalistische Parteien aus dem Baskenland und Katalonien.

Hoher Preis für das Amt

Leicht wird es nicht. Denn die Parteien aus Katalonien verlangen einen hohen Preis. Sie wollen zum einen eine Amnestie für über 1.700 Aktivisten, die das von Madrid verbotenen Unabhängigkeitsreferendum am 1. Oktober 2017 ermöglichten. Es handelt sich vor allem um Lehrer, Direktoren und Eltern an Schulen, die als Wahllokal öffneten. Aber auch im Exil lebende ehemalige Mitglieder der damaligen katalanischen Regierung, unter ihnen der einstige Regionalpräsident Carles Puigdemont, der später nach Brüssel floh, gehören dazu.

Außerdem wollen die beiden Unabhängigkeitsparteien aus Katalonien, die in Barcelona regierende Republikanische Linke (ERC) und die Partei von Puigdemont, Gemeinsam für Katalonien (JxCat) in einen Dialog eintreten, der in einem Referendum in beiderseitigem Einvernehmen enden soll.

ERC und JxCat einigten sich auf eine gemeinsame Verhandlungsstrategie. Konkret verlangen sie von einer künftigen Sánchez-Regierung, dass diese "sich dafür einsetzt, Bedingungen für die Durchführung des Referendums über die Selbstbestimmung zu schaffen", ohne dass dies impliziert, dass es während der nächsten Amtszeit des PSOE-Führers eine solche Wahl wirklich durchgeführt werden muss. "Die Amnestie ist der Beginn einer Verhandlung", mahnte die ERC-Sprecherin Teresa Jorda vor der Abstimmung im Parlament.

Konservative Hoffnung auf Neuwahl

Wie die Verhandlungen enden, ist bisher völlig offen. Denn die Sozialisten haben immer wieder erklärt, nichts "außerhalb der Verfassung" akzeptieren zu wollen. Und diese sieht in ihrer jetzigen Form keine Unabhängigkeitsreferenden für Nationen wie die Basken oder Katalanen vor.

Feijóo hofft darauf, dass die Verhandlungen scheitern und er dann in erneuten Wahlen eine zweite Chance bekommt. "Ich werde euch keine Regierung geben können, aber ich werde euch Sicherheit und Hoffnung geben können, erst aus der Opposition und eher früher als später in der Regierung, im Dienste des Volkes", erklärte er in der Rede vor seiner zweiten Parlamentsniederlage. (Reiner Wandler aus Madrid, 29.9.2023)