Abgesetzt: Erzbischof Róbert Bezák.

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Bislang hat der Vatikan seine Gründe nicht genannt, und Bezák gilt gerade als einer, der Transparenz, auch in der Finanzgebarung, einforderte.

 

Trnava - "Seit dem heiligen Me thod ist so etwas nicht mehr vorgekommen", schimpfen die Gläubigen von Trnava, der Stadt, die aufgrund der hohen Kirchendichte auch das "slowakische Rom" genannt wird und jahrhundertelang das kirchliche Zentrum von Ungarn war. Normalerweise sind die slowakischen Katholiken nicht gerade für Widerstandsgeist bekannt, nun stellen sie aber die vatikanische Diplomatie infrage.

Denn der beliebte Erzbischof Róbert Bezák wurde diese Woche kurzerhand und ohne Angabe von Gründen abgesetzt. Zunächst hatte die Nuntiatur ihn zum freiwilligen Rücktritt aufgefordert, als der Erzbischof sich weigerte, folgte die Entlassung.

Der Schritt des Papstes ist sehr ungewöhnlich. Bezák ist erst 52, normalerweise reicht ein Erzbischof mit 75 seinen Rücktritt ein. Ex-Dissident und Kirchenkenner František Mikloško, einer der moralischen Autoritäten des Landes, sprach von einem Komplott gegen Bezák. Die Abberufung könne mit "Bezáks Haltung zu den finanziellen Machenschaften im Erzbischöflichen Ordinariat unter seinem Vorgänger Ján Sokol zusammenhängen". Angesichts der Eile der Abberufung, ganz kurz bevor der Papst am Dienstag in den Urlaub ging, ortete Mikloško zudem einen Zusammenhang mit den "kürzlich publik gemachten Finanzproblemen im Vatikan", sprich der Affäre Vatileaks rund um Korruption in der Vatikanbank.

Bezák selbst hatte, nachdem er vor drei Jahren zum Erzbischof geweiht wurde, begonnen, die frühere Finanzgebarung seiner Diözese unter die Lupe zu nehmen. Er schickte eine Sachverhaltsdarstelllung an den Vatikan. Sein Vorgänger, Erzbischof Ján Sokol, bestritt die Vorwürfe. Sokol gehört zu jener Generation an Bischöfen in Osteuropa, die unerwartet mit den Herausforderungen der Wende konfrontiert waren, unter anderem mit der Restitution. In der Slowakei wurden zahlreiche Immobilien an die Kirche zurückerstattet.

Interessant ist auch, dass der Papst nun gerade den slowakischen Kardinal Jozef Tomko in jene dreiköpfige Kommission berief, die die Vatileaks-Affäre aufklären, also herausfinden soll, wer päpstliche Dokumente der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat. Zwischen Sokol und Tomko gibt es jedenfalls eine gute, alte Achse.

Apostolische Visitation

Und Bezák machte sich wohl auch Feinde. Er predigte nicht nur über Machtmissbrauch und gab allen Priestern seine Handynummer, er soll auch die Schlösser des Erzbischöflichen Palais ausgetauscht und verlangt haben, dass sich Sokol nicht mehr in die laufenden Geschäfte einmische. Im Jänner diesen Jahres folgte darauf eine "Apostolische Visitation", die nun zur Absetzung führte. Bezák wurde aufgefordert, darüber nicht mit den Medien zu sprechen und die Diözese zu verlasssen.

"Ihr seid meine Gläubigen und ihr seid keine Medien, und ihr sollt wissen, dass ich morgen abgesetzt werde", sagte er am Sonntag in der Kathedrale von Trnava in seiner Predigt. Dann las er die beiden Briefe des Nuntius vor. "Ich würde gerne wissen, was ich Furchtbares getan habe." Die Kirchenbesucher standen auf und klatschten. Eine Erklärung des Vatikan fordert mittlerweile auch die Ordensgemeinschaft der Redemptoristen, der Bezák angehört. (Adelheid Wölfl/DER STANDARD, 6.7.2012)