Sachorientierter Jurist mit wenig Hang zu Eitelkeit: Albert Steinhauser mit Werner Kogler (li.) und Gabriela Moser.

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Wien – Albert Steinhauser wird die scheidende Grünen-Chefin Eva Glawischnig in der Rolle des Klubvorsitzenden beerben. Das gaben die Grünen am Mittwoch bekannt. Bisher war Steinhauser gemeinsam mit Rechnungshof-Sprecherin Gabriela Moser und Finanzsprecher Werner Kogler einer von drei Stellvertretern Glawischnigs an der Klubspitze. Moser und Kogler werden weiterhin an zweiter Stelle stehen.

Der neue Klubchef fühlt sich in dieser Situation an den Disney-Film "Plötzlich Prinzessin" erinnert – nur sei er nun "plötzlich Klubobmann", witzelt Steinhauser. Für die kommenden Monate stünden für ihn vier Punkte ganz oben auf der Agenda: Umweltpolitik, Sozialpolitik, Kontrolle und die Bildungsreform.

Video von der Pressekonferenz.

"Salamitaktik" in Umweltpolitik

Als Erstes nimmt sich Steinhauser des Lieblingsthemas der Grünen an: der Umweltpolitik, denn derzeit sehe er im Parlament eine Zurückdrängung dieses Politikbereichs. Man bediene sich, mit Verweis auf die Gewerbeordnungsnovelle und den Beschluss einer Staatszielbestimmung zum Wirtschaftsstandort, einer "langsamen Salamitaktik", um den Umweltschutz sukzessive abzubauen. Der Klubchef pocht daher auf die Umsetzung der Ökostromnovelle, um den Umweltschutz zu forcieren.

Ein persönliches Anliegen sei ihm eine lebensnahe Sozialpolitik. In diesem Punkt wolle er der FPÖ Paroli bieten und stark gegen rechts auftreten. Die Grünen müssten die Sorgen der Menschen aufgreifen, um den "Siegeszug der Rechten" zu stoppen, denn es gehe "um den Zusammenhalt im Land", erklärt Steinhauser kämpferisch.

In puncto Kontrolle nähmen die Grünen bereits eine Vorreiterrolle ein, ist der Klubchef überzeugt. Auch nach den Neuwahlen solle der Eurofighter-Untersuchungsausschuss weitergehen: "Egal, wer in der Regierung ist."

Bildungsreform: "Mir kann man nicht drohen"

Ein besonders umkämpftes Thema bis zur Nationalratswahl im Herbst wird die Bildungsreform sein. Am Dienstag konnten sich SPÖ und Grüne in ihren Forderungen einander annähern – die Grünen schlugen vor, Gesamtschul-Modellregionen in 15 Prozent des gesamten Bundesgebietes zu ermöglichen und nicht wie zuletzt gefordert pro Bundesland. Die ÖVP lehnte bisher Modellregionen in ganzen Bundesländern ab. SPÖ-Klubobmann Schieder äußert den Eindruck, dass die ÖVP in dieser Frage wohl lieber mit der FPÖ verhandeln wolle. Steinhauser kontert in Richtung ÖVP: "Mir kann man nicht drohen. Schon gar nicht mit der FPÖ" und lädt Kurz zu weiteren Verhandlungen ein.

Steinhauser ist seit zehn Jahren Justizsprecher und seit einem Jahr zusätzlich Verfassungssprecher der Grünen. Der 45-Jährige wurde in den Neunzigerjahren in der grünalternativen Jugend, deren Gründungsmitglied er ist, politisch geprägt und später auch in der grünen Studierendenvertretung aktiv.

Kein "Uga-Uga-Mann"

Mit 27 kam Steinhauser in den Landesvorstand der Wiener Grünen, deren Landessprecher er später wurde. Seit Juli 2007 ist der studierte Jurist Mitglied des Nationalrats. Er gilt als ausgesprochener Teamplayer, dem sachorientiertes Arbeiten wichtiger ist als persönliche Profilierung und Eitelkeit. Von manchen wird ihm das als Schwäche ausgelegt, da ihm, so die Ansicht, mit dem Hang zum Poltern auch die Durchschlagskraft fehle. Steinhausers langjährige politische Weggefährtin, die Nationalratsabgeordnete Alev Korun, bestreitet das: Wenn es im Politgeschäft hart auf hart gehe, "dann sind es die verbindenden Kräfte, die den Laden zusammenhalten, nicht die Uga-Uga-Männer".

Im justizpolitischen Bereich zählen der Kampf gegen Rechtsextremismus und Hetze im Netz zu seinen zentralen Anliegen, wobei er regelmäßig auf Gemeinsamkeiten zwischen Rechtsextremismus und Jihadismus hinweist. Auch die Durchsetzung der Rehabilitation von Wehrmachtsdeserteuren und Opfern des Austrofaschismus gingen unter anderem auf seine Initiative zurück.

Gegen Überwachung

Zu seinen Herzensthemen zählen außerdem zunehmende Überwachungstendenzen und Einschränkungen der Grundrechte, besonders der Versammlungsfreiheit.

Seit jeher gehören aber auch sozialpolitische Themen und Verteilungsgerechtigkeit zu seinen Anliegen, was auch in seiner früheren beruflichen Tätigkeit als Rechtsvertreter bei der Gewerkschaft der Privatangestellten zum Ausdruck kam. Zudem positionierte er sich in der Vergangenheit öfters als Unterstützer feministischer Bewegungen, wie er unter anderem in der polemisch geführten Debatte vor der Einführung des sogenannten Pograpsch-Paragrafen unter Beweis stellte.

Den Klubvorsitz wird der Vater zweier Kinder wohl nur vorübergehend innehaben: Sollten die Grünen nach der Nationalratswahl weiterhin Oppositionspartei bleiben, werde Spitzenkandidatin in spe Ulrike Lunacek neue Klubchefin werden, kündigte Steinhauser an. (sterk, au, 24.5.2017)