In der Europol-Zentrale in Den Haag werden Daten zur organisierten Kriminalität aus ganz Europa analysiert. Rund 5.000 kriminelle Banden sind derzeit laut Europol aktiv.

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Den Haag / Wien – In Europa gibt es derzeit mehr als 5.000 Gruppierungen der organisierten Kriminalität, gegen die Ermittlungen laufen. Diese Zahl gab die europäische Polizeiagentur Europol mit Sitz in Den Haag am Donnerstag bekannt. Im Vergleich zu 2013 ist die Anzahl der erfassten Verbrecherbanden damit um 45 Prozent gestiegen. Das liege aber auch daran, dass die Analysemethoden genauer geworden sind. Es handle sich um den größten Datenabgleich, den Europol je durchgeführt habe, sagte Direktor Rob Wainwright.

In dem Bericht mit dem Titel "Serious and Organised Crime Threat Assessment 2017" (Socta) werden Dokumentenbetrug, Geldwäsche und illegaler Onlinehandel als Motoren der organisierten Kriminalität beschrieben. Auf einzelne Nationen wird die Analyse nicht heruntergebrochen, auf Nachfrage des STANDARD in Den Haag heißt es, dass dies bei international vernetzten Verbrechersyndikaten wenig Sinn mache. Österreich werde vor allem als Operationsbasis genutzt. Sieben von zehn kriminellen Organisationen seien in mehr als drei Ländern aktiv, rund 30 bis 40 Prozent aller Gruppierungen seien lose organisiert. Die Mitglieder der Banden kämen aus insgesamt 180 Nationen, 60 Prozent aller Verdächtigen seien aber EU-Bürger.

Typisch sei eine Mitgliederzahl von mindestens sechs Personen pro Gruppe, fast die Hälfte aller Organisationen sind polykriminell, vor allem Drogenhandel, Menschenhandel, Schlepperei und Dokumentenfälschung gingen oft Hand in Hand. Aus den Ermittlungsresultaten zum illegalen Drogenhandel haben die Eurocops einen jährlichen Umsatz von 24 Milliarden Euro errechnet. Libyen hat sich laut Europol als neues Herkunftsland für den Schmuggel von Cannabis etabliert.

Ein wachsendes Geschäftsfeld der organisierten Kriminalität sei Schlepperei. Im Vorjahr seien 510.000 illegale Grenzübertritte in die EU registriert worden. Nahezu alle Migranten hätten im Lauf ihre Flucht oder Reise die Dienste von Schleppern in Anspruch genommen. Schlepper-Organisationen seien hochgradig organisiert und nutzten schwer zu überwachende Kommunikationsstrukturen. Über dieselben Kanäle werde in zunehmendem Maß auch der Schmuggel von Kulturgütern organisiert. Vor allem mit Artefakten aus Syrien, dem Irak und Libyen würden Millionengeschäfte gemacht.

Aus der Datenanalyse liest Europol auch eine wachsende Kooperation von kriminellen Organisationen mit Terrorgruppen heraus. Vor allem bei der Beschaffung von Waffen und gefälschten Dokumenten sei der Zusammenhang eindeutig, heißt es im Socta-Bericht. Doch nicht alle Verbrecherbanden kooperieren mit Terroristen, denn Bossen der organisierten Kriminalität gehe es ausschließlich um Profit und Verschwiegenheit. Terroristen hingegen seien Profite egal und mediale Aufmerksamkeit am wichtigsten. (Michael Simoner, 9.3.2017)