Harald Zierfuß will eine Aufwertung des Informatikunterrichts.

Foto: apa/Hochmuth

Seit Sonntag ist Harald Zierfuß Bundesschulsprecher. Zum zwölften Mal haben die Landesschulsprecher damit ein Mitglied der ÖVP-nahen Schülerunion in diese Funktion gewählt. Zierfuß fordert im Interview mit dem STANDARD verpflichtende Feedbacks für Lehrer und ein Recht auf Feedback für Schüler neben den Ziffernnoten. Er kritisiert, dass die Digitalisierung in den Klassenzimmern noch nicht Einzug gefunden habe. Von der Gesamtschule hält er nichts.

STANDARD: Sie besuchen ein Gymnasium. Wie wollen Sie es schaffen, die Schüler aller Schultypen, also auch aus dem berufsbildenden Bereich und den Neuen Mittelschulen, zu vertreten?

Zierfuß: Es ist schwer, alle Schultypen abzudecken. In Österreich haben wir ein sehr breites Spektrum, was auch begrüßenswert ist, weil man so auf jedes Talent eingehen kann. Ich höre mich auch in meinem Bekannten- und Freundeskreis um, und mit einer bundesweiten Online-Umfrage, bei der wir alle Schüler zu ihren Forderungen befragen, will ich auf alle Bedürfnisse eingehen.

STANDARD: Sie sagen, dass ein breites Spektrum an Schultypen wichtig ist. Sie sind also ein Gegner einer Gesamtschule bis 14 Jahre?

Zierfuß: Schon jetzt werden die Schüler oft in einen Topf geworfen und nicht individuell gefördert. Da kommt ein Einheitsbrei heraus. Wenn man eine Schule für alle Zehn- bis 14-Jährigen einführt, dann wird das verstärkt.

STANDARD: Ihrer Meinung nach bereitet die Schule derzeit nicht auf die Digitalisierung und die damit einhergehenden neuen Berufsfelder vor. Was muss sich ändern?

Zierfuß: Der Informatikunterricht muss aufgewertet werden. Ich hatte nur in der ersten und der fünften Klassen Informatikunterricht. Das ist zu wenig, und man lernt sehr viel, das gar nicht gebraucht wird oder schon überholt ist. Außerdem muss das Thema schon sehr viel früher angepackt werden. Natürlich muss man nicht schon in der Volksschule programmieren lernen, aber man sollte sich an das Thema herantasten. So wie man das in Mathematik zum Beispiel auch tut. Ich habe mein Handy seit der zweiten Klasse Volksschule, um meiner Mama Bescheid zu geben, dass ich gut von der Schule nach Hause komme. Wenn man erst in der fünften Klasse lernt, wie neue Techniken funktionieren und welche Risiken die Digitalisierung birgt, dann ist das in meinen Augen viel zu spät.

STANDARD: Sie schlagen vor, dass Schüler ausführliches Feedback bekommen. Sollen Ziffernnoten abgeschafft werden?

Zierfuß: Noten sollte man nicht abschaffen. Sie schaffen Vergleichbarkeit und zeigen, wo man genau steht. Sie sagen aber nicht, wo man sich verbessern kann. Für Feedback neben der Note gibt es viele gute Beispiele in Wien. In der Sir-Karl-Popper-Schule bekommt man einen ausformulierten Bericht. Am Gymnasium Contiweg gibt es einen Feedback-Tag im Jahr, an dem Schüler erfahren, wie sie sich verbessern können. Man sollte den Schulen nicht vorschreiben, wie das ausschauen soll. Mir ist nur wichtig, dass es ein Recht auf Feedback gibt.

STANDARD: Sie wollen auch die Lehrer beurteilen dürfen ...

Zierfuß: Beurteilen nicht, sondern Feedback geben. An meiner Schule haben wir es als Schulvertretung geschafft, dass wir uns am Ende des Jahres drei Lehrer aussuchen dürfen, denen wir Feedback geben. Wir füllen Feedback-Bögen aus, und danach kann der Lehrer auch nachfragen, wie er sich verbessern kann. Es mag Lehrer geben, denen das keinen Spaß macht. Ich sehe aber die Tendenz, dass Lehrer diesen Beruf ergriffen haben, weil sie den Schülern etwas beibringen und sie begeistern wollen. Da ist auch Feedback willkommen.

STANDARD: Das soll verpflichtend sein?

Zierfuß: Wenn nur die Möglichkeit besteht, wird das nicht jeder Lehrer aufgreifen. Das ist sicher auch ein Lernprozess. Man sollte Feedback nicht so verstehen, dass man einfach nur sagt: Das machst du scheiße und schleich dich, sondern: Dein Unterricht ist in diesem Bereich super, aber an anderen Bereichen kann man feilen.

STANDARD: Am 17. November vergangenen Jahres wurde eine Bildungsreform präsentiert. Was an den Vorschlägen gefällt Ihnen und was nicht?

Zierfuß: Dass die Schulautonomie ausgebaut werden soll, finde ich sehr gut. Da gibt es noch viel Potenzial. Jede Schule hat andere Probleme. Es geht in meinen Augen nicht auf, dass für alle dieselben Regeln gelten und dass die Schulen nicht stärker darüber entscheiden können, wie sie ihr Budget einsetzen.

STANDARD: Was sagen Sie zur Idee von Modellregionen für die Gesamtschule?

Zierfuß: Es ist falsch, dass man nicht konkret sagt, wie das umgesetzt werden soll. Wenn ich in Wien im achten Bezirk die gemeinsame Schule einführe, dann hat das wenig Sinn. Ich kann zwei Stationen mit der Straßenbahn fahren und dort ins Gymnasium oder in die Neue Mittelschule gehen.

STANDARD: Sie waren schon mit zehn Jahren Klassensprecher. Können Sie sich vorstellen, Politiker zu werden?

Zierfuß: Momentan setze ich mich für Bildungspolitik ein, ich trenne das von Gesellschaftspolitik. Dafür bin ich gewählt worden. Mit meinen 16 Jahren weiß ich jetzt noch nicht, was ich später machen will, was ich studieren möchte. Schon gar nicht, ob ich Politiker werden möchte. Das wird sich zeigen. (Lisa Kogelnik, 26.9.2016)