Ein Bild vom Präfektenpalast in L'Aquila im April 2009 und fünf Jahre später: Zahlreiche Wohnhäuser wurden, im Gegensatz zu öffentlichen Gebäuden, noch nicht wieder errichtet.

L'Aquila/Rom/Wien – Das schwere Beben von Mittwoch und seine Folgen werden offenbaren, was Italien aus der Katastrophe von L'Aquila vor siebeneinhalb Jahren gelernt hat. Nach dem Erdbeben am 6. April 2009 mit 309 Toten wurde der Name der Hauptstadt der italienischen Region Abruzzen zum Synonym für eine in Trümmern liegende Stadt. Schon bald wurden Korruptionsvorwürfe im Zusammenhang mit dem Wiederaufbau laut, der wegen bürokratischer Hindernisse und Behördenstreits zäh anlief und bis heute nicht abgeschlossen ist.

L'Aquilas damaliger Bürgermeister Massimo Cialente forderte im Juni 2010: "Wenn die Regierung will, dass diese Stadt wie Pompeji bleibt, soll sie es uns sagen." In den 14 Monaten nach der Katastrophe war wenig Wiederaufbau geschehen. Es habe noch "keine einzige Familie wieder in den Stadtkern zurückziehen" können, sagte der Bürgermeister dann zwei Jahre nach der Katastrophe der Austria Presse Agentur. Bis 2012 waren Medienberichten zufolge zwar bereits 7,7 Milliarden Euro an Hilfsgeldern zugesagt worden, jedoch erst 570 Millionen konkreten Projekten zugeteilt. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) kritisierte die Pläne für die Rekonstruktion der Stadt als ineffizient, unkoordiniert und kurzsichtig.

Vergebliches Warten

Als man des fünften Jahrestags gedachte, warteten laut Cialente 25.000 der 70.000 in der Region obdachlos gewordenen Menschen noch darauf, Zugang zu ihren zerstörten Wohnungen zu bekommen. Bis heute liegt ein Teil der beschädigten Häuser in Trümmern. Teile des Stadtzentrums erinnern an eine Geisterstadt.

Wegen Schmiergeldern, die bei der Vergabe von Aufträgen für die Restaurierung von Denkmälern und Kirchen in der 70.000-Einwohner-Stadt geflossen waren, wurden 2014 mehrere Personen festgenommen, darunter Lokalpolitiker. Gegen Cialente wurde nicht ermittelt, doch er trat zurück. Auch mehrere mutmaßliche Mafia-Mitglieder waren verhaftet worden. Ihnen wurden kriminelle Absichten bei der Bauvergabe vorgeworfen.

Nicht erdbebensicher gebaut

Wegen des Baus nicht erdbebensicherer Häuser in der Region Abruzzen wurden zudem drei Personen zu Haftstrafen verurteilt sowie ein Internatsleiter wegen des Unterlassens notwendiger Renovierungsarbeiten. Als Beschuldigte wegen fahrlässiger Tötung musste auch eine siebenköpfige Expertengruppe aus Seismologen und den damaligen Leitern der Zivilschutzbehörde herhalten. Erstinstanzlich fielen Schuldsprüche, im Berufungsprozess wurden sie 2015 freigesprochen. (spri, 25.8.2016)