Innenminister Thomas de Maizière, Zivilschutz-Chef Christoph Unger und ihr neues Sicherheitskonzept.

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In ihrem neuen Zivilschutzkonzept ruft die Bundesregierung die Bevölkerung dazu auf, sich im äußersten Notfall für einige Zeit mit Wasser und Lebensmitteln selbst versorgen zu können. "Die Bevölkerung wird angehalten, einen individuellen Vorrat an Lebensmitteln für einen Zeitraum von zehn Tagen vorzuhalten", heißt es in dem neuen Konzept, das Innenminister Thomas de Maizière (CDU) gestern vorstellte.

Inhalte des neuen Zivilschutzkonzepts waren bereits in den Tagen zuvor an die Öffentlichkeit gedrungen – und wurden von der Opposition sogleich zerpflückt. Vor allem der Zeitpunkt der Vorstellung der überarbeiteten Pläne kurz nach mehreren islamistisch motivierten Anschlägen und Übergriffen im Juli sorgte für laute Kritik. "Man kann die Menschen mit immer neuen Vorschlägen, so auch zu Hamsterkäufen, völlig verunsichern", meinte etwa der Fraktionschef der Linken, Dietmar Bartsch.

Auch aus den Reihen der Grünen wurde der Vorwurf laut, die Bundesregierung verbreite mit ihren Plänen unnötig Panik, die Bevölkerung sei ohnehin schon verunsichert. "Ich sehe kein Angriffsszenario, für das sich die Bevölkerung Vorräte anlegen sollte", monierte Vizefraktionschef Konstantin von Notz. De Maizière wies die Vorwürfe zurück: "Der Eindruck, der durch die Opposition entstanden ist, wir würden zu Hamsterkäufen aufrufen, ist falsch", sagte der Innenminister. "Dieses Konzept hat mit der Terrorlage nichts zu tun. Es gibt viele denkbaren Gefährdungen für unser Land."

Tatsächlich: Das bisherige Zivilschutzkonzept der Bundesregierung von 1995 ist längst in die Jahre gekommen, 2012 wurde die Erarbeitung eines angepassten Konzepts vom Haushaltsausschuss des Bundestags bewilligt. Die bisherigen Notfallpläne stammen aus einer Zeit, als der Kalte Krieg erst einige Jahre zu Ende war und das wiedervereinigte Deutschland sich mit neuen Problemen auseinanderzusetzen hatte. In den vergangenen 20 Jahren hat sich die Bedrohungslage indes deutlich verändert. In dem Konzept heißt es, "dass ein Angriff auf das Territorium Deutschlands, der eine konventionelle Landesverteidigung erfordert, unwahrscheinlich" sei.

Nichtsdestotrotz müsse sich Deutschland auf "für die Zukunft nicht grundsätzlich auszuschließende existenzbedrohende Entwicklungen angemessen vorbereiten", heißt es weiter. Neben konventionellen Angriffen will sich das Land für mögliche Angriffe mit chemischen oder biologischen Waffen wappnen, außerdem gegen Gefahren wie Terror, Cyberattacken, "hybrider Krieg" und Naturkatastrophen. Eine Überarbeitung benötigte das Konzept auch in Fragen der Strom-, Gas- und der Wasserversorgung. Zudem soll die Bevölkerung künftig über drohenden Gefahren, etwa über Notfall-Apps gewarnt, ins Bild gesetzt werden. De Maizière legte das aktualisierte Konzept bereits dem Bundeskabinett vor. "Ich setzte darauf", schloss er gestern vor der Presse, "dass die Diskussion nun etwas nüchterner geführt wird." (Christoph Reichmuth aus Berlin, 25.8.2016)