Die Rettung der Alt-Wien-Kindergärten ist definitiv gescheitert. Der Betreiber habe die Forderungen der MA 10 – unter anderem die Vorlage einer Bankgarantie über 6,6 Millionen Euro – nicht erfüllt, informierte das Magistrat am Donnerstagnachmittag per Aussendung. Damit wird es keine Förderungen der Stadt mehr geben, womit rund 2.300 Kinder mit Anfang September wohl keinen Betreuungsplatz mehr haben.

Vereinsverantwortlicher Richard Wenzel hatte bis Mittwoch um Mitternacht Zeit, den Bedingungen des Rathauses für die Auszahlung weiterer Förderungen nachzukommen. Die Stadt verlangte eine Bankbesicherung über jene 6,6 Millionen Euro, die Wenzel binnen fünf Jahren wegen zweckwidriger Verwendung zurückzahlen muss. Außerdem wurde eine rechtsgültige Bestätigung über den neu eingesetzten Vorstand und die Nachreichung der längst fälligen Jahresabrechnung 2015 eingefordert.

"Mit großem Bedauern müssen wir bekanntgeben, dass eine Einigung über die weitere Vorgehensweise trotz Fristerstreckung seitens der MA 10 bis dato nicht gefunden werden konnte", hieß es in der Aussendung. Die Entscheidung fiel, nachdem zuvor seit Donnerstagfrüh noch einmal stundenlang beraten worden war.

"Keine weiteren entgegenkommenden Schritte"

Nach Nichterfüllung der Vorgaben würden "keine weiteren entgegenkommenden Schritte" dem Verein gegenüber gesetzt, teilte die MA 10 mit. "Die Erwartungen waren klar definiert, auf diese wurde jedoch seitens von Alt-Wien nicht eingegangen", hieß es. Der Betrieb der 33 Kindergärten sei aber bis Ende August dank einmaliger Monatsförderung gesichert, bekräftigte die Stadt.

Alt-Wien-Kindergärten-Betreiber Wenzel habe keine der drei gestellten Forderungen fristgerecht erfüllt, hieß es in der Aussendung. Die Bankgarantie über die 6,6 Millionen Euro sei nicht eingetroffen. Es habe lediglich ein nicht rechtsverbindliches Schreiben einer Bank gegeben, sagte MA-10-Chefin Daniela Cochlar. Ebenfalls schuldig blieb Wenzel auch die Jahresabrechnung 2015 sowie eine Bestätigung über den angekündigten Austausch des Vorstands. "Nach wie vor haben wir kein Vereinsregisterauszug erhalten, der den Wechsel im Vorstand bestätigt", so die MA 10.

"Es gab zu viele Ankündigungen, nach denen nie etwas passiert ist", fasste Cochlar zusammen. Wenzel hatte in den vergangenen Tagen wiederholt versichert, einen Kredit beziehungsweise eine Besicherung über die zurückzuzahlenden Fördermittel zu liefern. Zuletzt hatte er erst Donnerstagfrüh eine Mail an seine Mitarbeiter geschickt mit der Hoffnung, dass aufgrund eines Bankanbots die Sache nun hoffentlich "ein gutes Ende" nehme.

Cochlar versicherte, dass ihre Abteilung nun alle Energie darauf verwende, den betroffenen Eltern bei der Suche nach einem geeigneten Kindergartenplatz zu helfen. Allein in städtischen Einrichtungen gebe es aktuell 1.932 freie Plätze. Private Träger haben ebenfalls noch Kapazitäten – die Kinderfreunde beispielsweise etwa 600, die "Kinder in Wien" sowie die Sankt-Nikolaus-Stiftung je mehr als 200, wie ein APA-Rundruf ergab. "Die Herausforderung wird sein, für jeden den richtigen Platz am richtigen Ort zu finden", räumte Cochlar ein. Man bemühe sich aber, dass die Kinder zumindest in einer Einrichtung, der etwa am Weg zum Arbeitsplatz der Eltern liegt, unterkommen. Die Hotline 01/277 55 55 bleibt weiter aufrecht.

Poker und Förderstopp

Der Poker um den Fortbestand der Alt-Wien-Kindergärten dauerte eineinhalb Wochen. Anfang der Vorwoche war bekanntgeworden, dass die Stadt den Verein mit einem Förderstopp belegt hat. Sie wirft dem Verantwortlichen Wenzel vor, zwischen 2009 und 2014 Förderungen zweckwidrig verwendet und unter anderem in die Sanierung familieneigener Immobilien gesteckt zu haben. Bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft wurde Anzeige erstattet.

Opposition mit Kritik an der Stadt

Die Rathausopposition gibt am besiegelten Aus für die 33 Alt-Wien-Kindergärten der Stadt zumindest Mitschuld. ÖVP-Landesparteichef Gernot Blümel kritisierte die "Verhandlungsposse" zwischen Rathaus und Betreiber als "unwürdiges und verantwortungsloses Schauspiel", wie er am Donnerstag in einer Aussendung formulierte. Eltern müssten nun das Förderchaos ausbaden.

Für Neos-Bildungssprecher Christoph Wiederkehr hat das Krisenmanagement der Stadt versagt. Man fürchte, dass viele Eltern nun keinen alternativen Kindergartenplatz finden könnten. "Der Förderstopp aufgrund des aufgedeckten Missmanagements ist für uns zwar nachvollziehbar, die Leidtragenden der daraus resultierenden Maßnahmen sind aber die Unschuldigen – nämlich Eltern, Kinder und Angestellte", meinte Wiederkehr. Die Stadt hätte parallel zu den Verhandlungen einen Alternativplan für die Betreuung der Kinder erarbeiten können – nicht zuletzt, um "taktische Spielchen" des Alt-Wien-Betreibers zu unterbinden.

Karmasin will vermitteln

Familienministerin Sophie Karmasin (ÖVP) bietet sich angesichts des drohenden Endes als Vermittlerin an. "Als Familienministerin vertrete ich die Interessen der Eltern in diesem Land und stelle mich gerne als Vermittlerin zwischen Stadt Wien und dem Betreiber zur Verfügung, wenn wir dadurch eine positive Lösung für die Eltern erreichen können", so Karmasin in einer Aussendung.

Am Freitag ließ SPÖ-Kinder- und Jugendsprecherin Angela Lueger in einer Aussendung wissen, dass sie "keinen Bedarf an der selbsternannten Mediatorin Sophie Karmasin" sieht. "Hier stehen der Verdacht auf Betrug und Fördermissbrauch im Ausmaß von 6,6 Millionen Euro im Raum, das ist ein Fall für die Staatsanwaltschaft und nicht für eine Ministerin. Ich bin einigermaßen erstaunt, dass von Seiten der ÖVP so viel Verständnis für einen Kindergartenbetreiber aufgebracht wird, der Fördergelder in Millionenhöhe von der Kinderbetreuung in die Aufwertung von Immobilien umgeleitet hat, wie der Verdacht lautet", so Lueger. (APA, 4./5.8.2016)