Die Richter wollen am Freitag ihr Urteil verkünden.

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Wien – Am Ende geht es schneller als erwartet. Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) wird die vierwöchige Frist bis zum 6. Juli nicht ausschöpfen und die Entscheidung über die Anfechtung der Bundespräsidentenwahl bereits am Freitag um 12 Uhr verkünden. Die Freiheitlichen des bei der Hofburgwahl am 22. Mai unterlegenen Norbert Hofer hatten angebliche Unregelmäßigkeiten in 94 der 117 Wahlbezirke angefochten.

Wie DER STANDARD am Donnerstagabend von wohlinformierten Juristen erfuhr, wird es zu einer Aufhebung der Stichwahl kommen. Möglicherweise wird aber nur die Wahl in bestimmten Bezirken gekippt, in denen es zu besonderen Ungereimtheiten gekommen ist. Begründet wird das mit der einhelligen Judikatur des VfGH, der bei der Einhaltung von Wahlregeln besondere Strenge an den Tag lege. Das sei schon allein deshalb nötig, um seine Neutralität nicht zu gefährden.

Knapper Vorsprung

Die FPÖ hatte die Aufhebung und die Wiederholung der Stichwahl beantragt, bei der der frühere Grünen-Chef Alexander Van der Bellen mit einem Vorsprung von nur 30.863 Stimmen über die Ziellinie gegangen war.

Die Verfassungsrichter befragten vergangene Woche vier Tage lang zahlreiche Wahlzeugen. Dabei bestätigten sich diverse Formalfehler. So wurden in mehreren Bezirken Briefwahlstimmen bereits am Sonntag ausgezählt, obwohl das laut Gesetz erst ab Montag 9 Uhr erlaubt ist. Zum Teil wurden von den Beamten auch Stimmen ausgezählt, ohne dass die Wahlbehörde vollständig besetzt gewesen wäre.

Wie diverse Verfassungsrechtler im Vorfeld bereits betonten, muss der VfGH vor allem zwei Aspekte bewerten. Erstens: Kam es zu rechtswidrigen Amtshandlungen (die vorzeitige Auszählung wäre eine solche). Und zweitens: Kann diese rechtswidrige Handlung auch zu einer Manipulation des Ergebnisses geführt haben. Es ist also gar nicht zwingend nötig, dass eine Manipulation nachgewiesen wird. Allein die Möglichkeit einer solchen reicht nach bisheriger Rechtssprechung des Höchstgerichts.

"Diverse Beschlüsse"

Wie VfGH-Sprecher Christian Neuwirth auf Twitter mitteilte, wird den Parteien aber nicht nur eine Entscheidung mitgeteilt, sondern "diverse Beschlüsse".

Was damit gemeint sein könnte: Der Wahlleiter von Freistadt hatte sich der Aussage entschlagen, weil er strafrechtliche Folgen fürchte. Die VfGH-Richter behielten sich vor, auch über diese Entschlagung zu beraten. Möglicherweise wird also eine Strafe gegen den Beamten verhängt. (gra, go, 30.6.2016)

DER STANDARD begleitet am Freitag die Urteilsverkündung live. Hier geht es zum Liveticker.