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IAAF-Präsident Sebastian Coe verkündete in Wien das Urteil über die russischen Leichtathleten. Zuvor hatten sich die 25 anwesenden Mitglieder des 27-köpfigen Councils zu Beratungen zurückgezogen.

Foto: reuters/föger

Wien – Der Internationale Leichtathletik-Verband (IAAF) hat am Freitag die Suspendierung des russischen Verbandes (RUSAF) verlängert. Dessen Athleten sind schon seit November wegen systematischen Dopings von internationalen Wettkämpfen ausgeschlossen.

Die IAAF tagt derzeit in Wien. Laut Informationen des britischen "Guardian" kam es in dieser Frage zu keiner Abstimmung im IAAF-Council, da sich an der Sachlage nichts geändert habe.

IAAF-Präsident Sebastian Coe sagte im Rahmen einer Pressekonferenz: "Obwohl gewisse Fortschritte passiert sind, sind wichtige Kriterien weiterhin nicht erfüllt worden. Es ist ein trauriger Tag für unseren Sport, aber ich denke, wir haben mit unserer Entscheidung eine klare Botschaft gesendet: Wir meinen es ernst." Russlands Sportminister Witali Mutko erklärte, er habe die Entscheidung erwartet und kündigte an, darauf zu reagieren.

Ernüchternd fällt das Urteil der in Russland ermittelnden Task Force im Hinblick auf die Nationale Anti-Doping-Agentur aus. Diese sei in frühestens 18 bis 24 Monaten wieder regelkonform mit dem Anti-Doping-Code der WADA. Weiters hieß es, dass viele Trainer und Athleten das Ausmaß des Dopingproblems in der russischen Leichtathletik noch immer nicht erkannt hätten und weiter willentlich die Regeln verletzten.

Eine Teilnahme russischer Leichtathleten bei den Olympischen Spielen von Rio de Janeiro im August rückt damit in immer weitere Ferne. Einen Olympia-Ausschluss könnte zwar nur das Internationale Olympische Komitee (IOC) verfügen, dessen Chef, Thomas Bach, hatte jedoch angekündigt, dass das IOC einer Entscheidung des IAAF folgen wird.

Hintertüren

Allerdings könnte dem Vernehmen nach einzelnen russischen Athleten eine Rio-Hintertür offenstehen. Die IAAF entschied nämlich weiterhin, dass russische Athleten, die nachweislich sauber und "ohne Verbindung zum System" sind, als Einzelstarter und nicht unter russischer Flagge an Wettkämpfen teilnehmen und damit auch bei den Olympischen Sommerspielen in Rio antreten könnten. Die zweimalige Stabhochsprung-Olympiasiegerin Jelena Issinbajewa hatte bereits mit Klagen gedroht, sollte ihr die Chance auf den Hattrick genommen werden. Auch Whistleblower wie Julia Stepanowa könnten die Möglichkeit zum Start bei internationalen Wettbewerben unter neutraler Flagge gegeben werden.

Nach der Berichterstattung des Norwegers Rune Andersen, Leiter der IAAF-Taskforce in Russland, hatte sich das Council zu Beratungen zurückgezogen. Es hat übrigens 27 Mitglieder, von denen allerdings nur 25 nach Österreich gekommen waren. Der Kenianer David S. Okeyo ist suspendiert, weil er im Verdacht steht, Anti-Doping-Maßnahmen unterlaufen zu haben. Und Nawaf Bin Mohammed Al Saud aus Saudi-Arabien hat sich mit der Hochzeit seiner Tochter entschuldigt.

Bemühungen

Mutko hatte kürzlich in einem offenen Brief an Coe versichert, dass Russland alles im Anti-Doping-Kampf unternommen habe. Gleichzeitig appellierte er, dass man saubere Athleten nicht für Handlungen anderer bestrafen sollte. "Im Lichte unserer Bemühungen fordere ich sie auf, den Bann unserer Athleten zu überdenken" , schrieb Mutko. Russlands Präsident Wladimir Putin sagte am Freitag am Rande des internationalen Wirtschaftsforums in St. Petersburg: "Es gibt kein staatlich organisiertes Doping in Russland."

Dem stand und steht der am Mittwoch veröffentlichte Statistikbericht der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) über Russland gegenüber. Die Wada berichtete über nach wie vor untragbare Zustände bei Dopingkontrollen, Einschüchterungen von Testpersonal und Manipulationsversuchen in Russland. Sportler seien in abgeriegelten Militäreinrichtungen nicht für Kontrollen greifbar gewesen.

ARD deckte auf

Zwischen 15. Februar und 29. Mai hätten laut Wada insgesamt 736 geplante Dopingkontrollen aus verschiedenen Gründen nicht durchgeführt werden können. Seit Ende Dezember 2014 hatte allen voran der deutsche TV-Sender ARD über systematisches, von den entscheidenden Institutionen gedecktes Doping in Russland berichtet. Daraufhin kam es zu Suspendierungen des russischen Verbandes, der russischen Anti-Doping-Agentur (Rusada) und des Testlabors in Moskau. Russland reagierte mit Entlassungen und Sperren auf Funktionärs- und Betreuerebene. Laut ARD muss aber davon ausgegangen werden, dass der eine oder andere Betreuer weiterhin tätig ist.

Doping in Russland blieb in den Schlagzeilen. Dafür sorgten zahlreiche Meldonium-Fälle, allen voran der Fall von Tennisstar Maria Scharapowa, positive Proben von Athleten bei den Nachtests der Olympischen Sommerspiele 2008 und 2012 sowie der Vorwurf der Manipulation von Dopingproben bei den Winterspielen 2014 in Sotschi. (sid, APA, red 17.6. 2016)