Zwei indische Nachtfrösche praktizieren die "dorsale Grätsche". Die eigentliche Befruchtung erfolgt dann erst postkoital.

Foto: SD Biju

Doch ob die Fortpflanzung wirklich erfolgreich war, zeigt sich erst später. Hier verhindert eine Schlange den Familienzuwachs.

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Neu-Delhi/Wien – Die Kunst treibt es meist noch etwas bunter als die Wissenschaft. Ein gutes Beispiel dafür ist das Sexualleben der Amphibien. In den 1980er-Jahren veröffentlichte der französische Zeichner Tomi Ungerer unter dem Titel "Das Kamasutra der Frösche" ein Buch mit mehr als hundert Zeichnungen, die verschiedene ausgefallene Stellungen bei sich paarenden Froschlurchen zeigten – von der Position "Bambusspalte" bis zum "Nageleinschlagen".

Die weit über das indische Liebeslehrbuch hinausgehenden Verrenkungen entsprangen zum Gutteil der Fantasie Ungerers. Denn tatsächlich ist das Stellungsrepertoire der rund 6600 weltweit bekannten Frosch- und Krötenarten erstaunlich beschränkt, wie ein internationales Herpetologenteam um Sathyabhama Das Biju von der Universität Delhi im frei zugänglichen Fachblatt "PeerJ" berichtet – und auch anhand einer Grafik anschaulich illustriert.

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Bizarre Paarungspraktik

Der Grund für diese kleine amphibische Sexualkunde: Die Froschexperten haben – ausgerechnet – beim etwa fünf Zentimeter kleinen Bombay-Nachtfrosch (Nyctibatrachus humanyuni), der in den indischen Westghats (also dem Gebirge der Westküste) beheimatet ist, eine bislang unbekannte und auch einigermaßen bizarre Paarungspraktik entdeckt, die sie "dorsale Grätsche" nennen.

Wie die Wissenschafter berichten, klettern die nachtaktiven Frösche an Bäumen oder Sträuchern bis zu sechs Meter empor, begeben sich in die Vertikale, meist an Blättern festgeklammert. Das Männchen umschlingt dabei das Weibchen von hinten, klammert sich aber nicht an ihm fest, sondern meist an dem Blatt vor dem Weibchen. Dann ejakuliert es einfach auf den Rücken der Partnerin und macht sich wieder von dannen.

Postkoitale Befruchtung

Das Weibchen legt wenige Sekunden später Eier, die durch die herabtropfende Samenflüssigkeit des Männchens befruchtet werden. Diese Form der Befruchtung kennt man nur von einigen Fröschen, die in Madagaskar leben. Denn im Normalfall werden Eier und Sperma während der Umklammerung zugleich abgegeben.

Das ist aber nicht die einzige Besonderheit dieser Froschart: Nicht nur die Männchen, sondern auch die Weibchen lassen während der Paarungssaison Lockrufe erklingen. Ähnliches sei nur von etwa 25 weiteren Froschlurchspezies weltweit bekannt.

Den Forschern scheint ihre Studie Spaß gemacht zu haben, denn sie drehten auch ein Youtube-Video über diese eigentümliche Sexualpraktik: Eine sinnliche indische Frauenstimme beschreibt die Vorgänge, dazu ist das Ganze mit indischer Musik unterlegt, die auch aus einschlägigen Tantra-Videos stammen könnte. (Klaus Taschwer, 15.6.2016)