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Die Raffinerie in Rijeka. Der Streit zwischen Ina und Mol lähmt alle Entscheidungen.

Foto: Reuters/ANTONIO BRONIC

Zagreb – Die Optik ist ziemlich blöd. Kürzlich schrieb die Zeitung Nacional, dass sie Beweise dafür habe, dass Ana Saric, die Ehefrau des Chefs der Partei HDZ, Tomislav Karamarko, für Beratungstätigkeiten 60.000 Euro von einem Lobbyisten des ungarischen Erdölkonzerns Mol bekommen hat. Mol gehören 49 Prozent des kroatischen Erdölkonzerns Ina. Seit Jahren gibt es heftige Machtkämpfe zwischen den beiden Energieunternehmen, die bis in die Politik reichen und in einem Schiedsverfahren mündeten.

Die Veröffentlichung des Beraterhonorars für die Frau des Vizepremiers kam zu einem Zeitpunkt, als sich die HDZ dafür aussprach, weitere Teile der Ina an die Mol zu verkaufen und das Schiedsverfahren auszusetzen. Doch daraus wird nun wohl nichts. Die sozialdemokratische Opposition forderte ein Amtsenthebungsverfahren gegen Karamarko, ein solches ist unwahrscheinlich. Doch entscheidend ist: Die Partei Most ist dagegen, dass die Ina angetastet wird.

Politische Konflikte

Die neue kroatische Regierung – die konservative HDZ koaliert seit Jänner mit der Neopartei Most – ist nicht nur zerkracht, wichtige wirtschaftspolitische Vorhaben kommen nicht voran. Der Ökonom Vladimir Cavrak meint, dass durch die politischen Streitereien "wirtschaftliche Strategien und Lösungen blockiert" seien. Die Koalitionspartner kämen jeden Tag mit widersprüchlichen Vorschlägen und würden sich nicht koordinieren. Es gäbe keine ernsthafte Diskussion, wie die Wirtschaftskrise zu überwinden sei.

Cavrak betont, dass es Strukturreformen in der Steuer- und Geldpolitik, bei der öffentlichen und der Auslandsverschuldung bräuchte und sich das Geschäftsklima verbessern müsse. Die bisherigen Maßnahmen der Regierung hält er für oberflächlich oder sogar für populistisch.

Im Vorjahr lag Kroatiens Auslandsverschuldung bei 47 Mrd. Euro, mehr als 107 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Die öffentliche Verschuldung lag bei 85,5 Prozent des BIP – also weit über den Maastrichtkriterien. Sie hatte sich während der Krisenjahre 2008-2014 verdoppelt. Im Vorjahr kam es nach sechs Jahren Rezession erstmals wieder zu einem Wachstum von 1,8 Prozent – für heuer werden 2,1 Prozent prognostiziert. Doch die Schulden drücken enorm auf die Wirtschaft.

Kürzen an allen Ecken und Enden

Finanzminister Zdravko Maric, ein Harvard-Ökonom, will nun an allen Ecken und Enden kürzen, insbesondere im Gesundheitssystem. Auch staatliches Eigentum soll verkauft werden, im Gespräch sind einige Objekte an der Adria, die bisher vom Militär genutzt wurden. Eine andere Möglichkeit, die erwogen wird, ist, Geld aus Pensionsfonds lockerzumachen und ein universales System für Staatslöhne zu schaffen. Geplant ist auch eine Pensionsreform, die vorsieht, dass das Antrittsalter ab 2028 bei 67 Jahren liegen soll.

Doch Cavrak moniert, dass bis jetzt noch nicht einmal eine Schätzung des Staatsvermögens vorliegt. "Es wurde keine Entscheidung getroffen, was verkauft werden soll. Es wird viel mehr darüber geredet, was nicht verkauft werden soll – nämlich Wälder und Wasser", sagte er zum STANDARD.

Auch in der Energiepolitik sieht er Kroatien seit dem Ina-Verkauf ohne strategischen Einfluss. Das derzeitige Lieblingsprojekt von Premier Tihomir Oreskovic in dem Bereich ist ein Gasterminal, der von der kroatischen Firma LNG auf der Insel Krk errichtet werden soll. Kroatien möchte bei der Schaffung von Gaspipelines als Transitland eine Rolle spielen.

Entscheidend wird sein, ob Oreskovic es schaffen wird, eine Verwaltungsreform durchzuführen. Im staatlichen Sektor sind nicht nur viel zu viele Menschen beschäftigt, die bürokratischen Prozesse sind für Wirtschaftstreibende oft mit einem Spießrutenlauf zu vergleichen.

Betrugsverdacht EU-Gelder

Auch die Abschöpfung von EU-Geldern lässt zu wünschen übrig. Seit kurzem hält die EU-Kommission sogar 165 Millionen Euro an Subventionen für die kroatische Landwirtschaft zurück. Der Grund: Brüssel hat begründeten Verdacht, dass es bei den Ausschreibungen nicht mit rechten Dingen zuging. So wurden manche Unternehmen erst drei Monate vor der Ausschreibung gegründet, und alle haben denselben Eigentümer und dieselbe Adresse. Insgesamt werden 21 Projekte der EU-Antibetrugsbehörde Afcos in der kroatischen Landwirtschaft untersucht. (Adelheid Wölfl, 23.5.2016)