Hartlauer übt sich in Fotokunst. Geld zu verdienen, wird im stationären Handel freilich immer schwieriger.

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Robert Hartlauer: "Bei Würstlstandln und Friseuren greift der Staat rigoros durch. Wenn er Steuern will, soll er sie sich von allen holen."

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STANDARD: Onlineriesen beschwören das baldige Ende der stationären Einzelhändler. Bekommen Sie es da nicht mit der Angst zu tun?

Hartlauer: Ich sehe das sehr differenziert. Onlinehändler brauchen stationäre Stützpunkte und stationäre Geschäfte einen guten Onlineservice. Es gibt Branchen, da läuft ja bisher nicht einmal ein Prozent des Umsatzes übers Internet. Eine gute Welt besteht aus beidem.

STANDARD: Studien zufolge erzielt Hartlauer derzeit weniger als zehn Prozent seines Geschäfts online.

Hartlauer: Ich nenne keine Anteile. Aber Fotobücher werden zu 99 Prozent online bestellt. Bei Hörgeräten und Brillen spielt sich hier noch fast nichts ab. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass sich Kunden in fünf Jahren mit Virtual-Reality-Brille in eine unserer Filialen verbinden lassen.

STANDARD: Die jedoch real ist?

Hartlauer: Natürlich. Sie hält dann rund um die Uhr offen. Mit echten Mitarbeitern, die irgendwo schön im Grünen sitzen – nur eben ohne echte Kundenfrequenz.

STANDARD: Fotos und Handys zählen zu Ihren großen Standbeinen. In beiden Märkten tummelt sich starke Onlinekonkurrenz. Wie lässt sich damit noch Geld verdienen?

Hartlauer: Es gibt immer einen Weg. Auf der Straße liegt es sicher nicht. Wir haben in Österreich aber große Steuerungleichstellungen, die behoben gehören.

STANDARD: Sie reden von Amazon?

Hartlauer: Amazon dient als Plattform für Kleinsthändler, die auf eigene Rechnung nach Österreich verkaufen. Sie müssen hierzulande für Umsätze bis zu 30.000 Euro keine Mehrwertsteuer zahlen. Das sind horrende Beträge, die Österreichs Steuer verliert. Diese Grenze von 30.000 Euro gehört endlich weg. Bei den Würstlstandln und Friseuren greift der Staat mit Registrierkassen rigoros durch. Doch wenn er Steuern will, dann soll er sie sich von allen holen. Ich fordere daher hiermit Steuergleichheit für Amazon und Hartlauer.

STANDARD: Hört die Politik auf Sie?

Hartlauer: Als ich ganz jung war, dachte ich, man kann was bewirken. Aber Veränderungen passieren offenbar erst nach sehr großen Schmerzen. Allein unser Verwaltungsapparat: Kein Mensch versteht, warum Österreich 34 Krankenkassen braucht. Die Lohnsteuer ist so komplex, dass sie keiner versteht. Und bei jeder Geschäftsgenehmigung muss ich fünf Behörden einbinden. Es braucht echte Reformen. Keine Steuersenkungen, die dann eigentlich Erhöhungen sind. Unternehmer, die auf viele Mitarbeiter setzen, haben aktuell die schwierigsten Karten.

STANDARD: Die Steuerreform sollte den Konsum heuer deutlich ankurbeln. Spüren Sie was davon?

Hartlauer: Wir sind nicht unzufrieden, aber ich bezweifle, dass das was mit den Steuern zu tun hat. Eher mit dem billigen Sprit.

STANDARD: Sie haben 1470 Mitarbeiter, sind in jeder Bezirksstadt vertreten. Rundum gaben familiengeführte Konzerne auf, viele große Marken sind Geschichte. Wieso gibt es Hartlauer noch?

Hartlauer: Der Wert des Unternehmens sind nicht der Name, die Shops, die Ausstattung, sondern die Mitarbeiter. Sie haben Herz und Geist, sind in der Region verwurzelt. Ich will, dass sie freundlich zum Kunden sind, auch wenn das vielleicht nicht mehr als zeitgemäß gilt.

STANDARD: Sie haben nie daran gedacht, Anteile zu verkaufen?

Hartlauer: Nie. Mir macht Handel Spaß, auch in schwierigen Zeiten.

STANDARD: Ihre Handelskette verbucht konstant Gewinne. Im Vergleich zu vor zehn Jahren sind Sie aber stark geschmolzen.

Hartlauer: Es gibt nichts, wofür wir uns genieren. Was sich im Handel an Rendite erzielen lässt, ist aber wahrlich wenig. Allein die neue Besteuerung der Jubiläumsgelder kostet uns heuer 1,5 Millionen Euro.

STANDARD: Könnte die Sonntagsöffnung das Geschäft verbessern?

Hartlauer: Ich bin dagegen, nicht nur, weil ich selbst eine große Familie habe. Wir mussten einst in Slowenien öffnen und haben daraus gelernt, dass der Umsatz derselbe bleibt. Damit es wirtschaftlich ist, müsste ich ungleich mehr umsetzen, das geht sich nicht aus. Einkaufszentren wollen sonntags aufsperren. Klar, die Heizung können sie nicht abdrehen, die Rolltreppe lässt sich schnell einschalten. Und ein bisserl mehr Umsatz wird schon rausschauen. Wir sind in der Lugner-City: Sperrt der Herr Lugner auf, müssen wir mitziehen, sonst kann er mich kündigen. Für Lebensmittelketten mag der offene Sonntag Sinn machen – dazu gezwungen soll keiner werden. (Verena Kainrath, 1.5.2016)