Wien – Auch innerhalb der ÖVP machte man sich auf die Suche, wer denn das vermeintliche Geheimpapier der Regierung, in dem die Kosten für die Flüchtlingsbetreuung in den nächsten Jahren mit mehr als zwölf Milliarden Euro beziffert wurden, an die Öffentlichkeit gespielt haben könnte. Drei Ressorts gerieten unter Verdacht: Innen- oder Außenministerium sowie das Finanzministerium. Beweise gibt es keine, aber letztlich schien innerhalb der Partei jene Ansicht die Mehrheit zu gewinnen, die Außenminister Sebastian Kurz die Schuld zuschob. Was in dessen Büro brüsk zurückgewiesen wird.

Anderen in der Partei dient diese Annahme wiederum zur Untermauerung jener These, die Kurz stramm nach rechts rückt und am Sessel von Parteichef Reinhold Mitterlehner sägen sieht. Was im Büro von Kurz noch brüsker zurückgewiesen wird. Offizielle Darstellung da wie dort: Es gibt keine Nachfolgediskussion in der ÖVP. Angezweifelt wird auch, wem es denn nutzen soll, wenn FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache jetzt gestärkt werde. Mitterlehner würde jedenfalls nicht davon profitieren, so viel ist klar.

Innerhalb der Partei ist die Stimmung jedenfalls alles andere als rosig. Mitterlehner komme mit Innenministerin Johanna Mikl-Leitner nicht sonderlich gut klar, umgekehrt gehöre Kurz nicht zum engsten Fankreis des Vizekanzlers. Das schlechte Ergebnis in Oberösterreich und die Aussicht auf ein noch viel schlechteres Ergebnis in Wien lassen in der Führungsriege einen raueren Ton aufkommen, auch wenn allen Beteiligten klar ist, dass sich personell nichts ändern wird. Weder in der eigenen Partei noch beim Koalitionspartner SPÖ.

Sobald Wien verarbeitet ist, wird jedenfalls mit Volldampf an der realpolitisch uninteressanten, dafür umso prestigeträchtigeren Bundespräsidentenwahl gearbeitet – in Parteien und Medien. (völ, 2.10.2015)