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SP-Rebell Andreas Babler: "Radikale Erneuerungsbewegung" gegen die Orientierungslosigkeit der Sozialdemokratie.

Foto: APA/HARALD DOSTAL

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Die Vorsitzende der Sozialistischen Jugend in Oberösterreich, Fiona Kaiser (vorne), will die Partei gemeinsam mit den Genossinnen auf Kurs bringen.

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Linz – Der eigentlich Plan der SPÖ Oberösterreich, nach dem Wahldebakel am vergangenen Sonntag möglichst reibungsfrei wieder in den roten Alltag zurückzukehren, dürfte kräftig scheitern. Heftiger Widerstand formiert sich nämlich unter den Rebellen der Parteilinken. Am Freitagabend trafen sich die Mitglieder des Oberösterreich-Ablegers der SPÖ-internen Initiative "Kompass" in einem Volkshaus in Linz-Urfahr. Nach einer mehrstündigen Sitzung samt Vortrag von Traiskirchens Bürgermeisters Andreas Babler wurde eine Resolution verabschiedet: Gefordert wird damit vor allem ein Rücktritt von Landesparteichef Reinhold Entholzer.

Keine Zukunftsperspektive

Dieser plant eigentlich, trotz Wahlniederlage an der Spitze der Landespartei zu bleiben – und sich beim Parteitag im Jänner der Wiederwahl zu stellen. "Was unmöglich ist. Es hat keinen Sinn, Reinhold Entholzer als Zukunftsperspektive zu sehen", sagt Bernd Dobesberger, Sprecher von Kompass Oberösterreich, im Gespräch mit dem STANDARD.

Mit dieser Entscheidung bis zum Parteitag zu warten sei aber falsch. Dobesberger: "Es wird eine Entscheidung in wenigen Monaten brauchen. Zuerst brauchen wir einen neuen Parteichef, dann kann über eine inhaltliche Neuausrichtung diskutiert werden." Im Viser hat man aber nicht nur den roten Landeschef: "Kompass" will eine Urabstimmung über die gesamte rote Parteiführung.

"Morgenrot" gescheitert

Das 2009 nach dem letzten roten Wahldesaster initiierte Reformprogramm "Morgenrot" sieht Dobesberger, ehemaliger Chef der Kinderfreunde in Oberösterreich und SPÖ-Bildungsvorsitzender, heute als gescheitert an. "Das Problem war die Parteispitze, man wollte letztlich all die beschlossenen Reformschritte nicht. Und so ist ‘Morgenrot’ einfach ad acta gelegt worden."

Babler ging bereits im Vorfeld hart mit der SPÖ Oberösterreich ins Gericht. "Ausrede" nennt er im Gespräch mit dem STANDARD die Erklärung der SP-Spitze, in Oberösterreich wegen der jüngsten Flüchtlingswelle verloren zu haben: Die Stimmung in der Partei sei doch schon Monate davor am Boden gewesen.

Erneuerungsbewegung

Geht es nach Babler, soll aus "Kompass" überhaupt "eine radikale Erneuerungsbewegung" in der SPÖ wachsen. Der noch überschaubaren Gesamtmitgliederzahl von 1.500 zum Trotz fasst Babler den Aktionsradius weit.

"Auf allen Ebenen" präsentiere sich die Sozialdemokratie orientierungslos, kritisiert er, von der versäumten Regulierung der Weltmärkte über die Nullpolitik in Konflikten wie in Syrien bis zum mitbeschlossenen Spardiktat in Griechenland. Oder, auf Österreich heruntergebrochen: "Wegducken" in der Integrationspolitik, fehlende Vermögensbesteuerung und Konjunkturprogramme. Und in Sachen Asylwerber, ergänzt Babler, habe die SPÖ mit zugelassen, dass im Traiskirchener Aufnahmezentrum "die Leute im Dreck liegen".

Kampagnenfähigkeit verloren

Dass die SPÖ halt nicht allein regiert, lässt er als Argument nicht gelten: "Die Partei hat die Kampagnenfähigkeit verloren, ist ständig in der Defensive. Beim Kampf um die sechste Urlaubswoche wurde so agiert, als müssten wir uns für diese Forderung entschuldigen."

Viel sei er unterwegs, erzählt Babler, aus allen Schichten der Partei bekäme er mehr Einladungen von Interessenten, als er wahrnehmen könne. Eines höre er dabei immer wieder: "Mit Werner Faymann als Parteichef wird die Erneuerung nicht gehen. Der Vertrauensverlust ist zu groß."

Landes-SPÖ enttäuscht

Der oberösterreichische SP-Landesgeschäftsführer Peter Binder findet die Ergebnisse der "Kompass"-Veranstaltung traurig: "Ich hatte mir erhofft, dass aus dieser Gruppe echte Lösungsansätze für die Herausforderungen der Zeit präsentiert werden. Stattdessen werden nur Personaldiskussionen in der Öffentlichkeit geführt. Reine Personaldebatten haben inhaltlich-strukturelle Probleme aber noch nie gelöst", bedauert Binder in einer Stellungnahme.

Und: "Besonders Bernd Dobesberger enttäuscht mich. Er ist Mitglied des Landesparteivorstands, dem am Montag Parteivorsitzender Reinhold Entholzer die weitere Vorgangsweise bis zum Parteitag im Jänner 2016 (rund 100 Tage!) vorgeschlagen hat." Dieser Vorschlag sei einstimmig angenommen worden. "Bernd Dobesberger hätte die Möglichkeit gehabt, dagegen zu stimmen, sich zu enthalten oder den Raum zu verlassen. Vorbilder dafür gäbe es in seinem persönlichen Umfeld. Er hat nichts davon getan." Jetzt den Rücktritt Entholzers zu fordern, sei "mehr als schäbig vom 'Morgenrot'-Verantwortlichen Dobesberger", so Binder. (Markus Rohrhofer, Gerald John, 2.10.2015)