Wien - Nicht genug, dass sich im Wiener Allgemeinen Krankenhaus (AKH) derzeit fast alles um das neue Ärzte-Arbeitszeitgesetz dreht. Das Riesenhaus am Gürtel, seit jeher in einer komplizierten Doppelrolle als Klinik und Medizin-Universität, laboriert an einer weiteren Herausforderung: Der bisherige Rektor, Wolfgang Schütz, tritt mit Ende September in den Ruhestand. Bis dahin muss eine Nachfolgerin oder ein Nachfolger gefunden werden. Und nichts deutet darauf hin, dass dies eine leichte Übung wird.

Erst im Februar wurde Schütz' Posten neu ausgeschrieben - sehr spät, wie hausintern kritisiert wird. Komme es zu Einsprüchen, werde es wohl knapp bis zu Schütz' Abgang. Am 15. April sollen die Hearings für die Nachfolge des scheidenden Rektors beginnen. Noch in dieser Woche soll die Findungskommission die Kandidaten bestimmen, die zu den Bewerbungsgesprächen geladen werden.

16 Bewerber

16 Personen haben sich beworben, darunter bekannte Mediziner wie Forschungsvizerektor Markus Müller, Heinz Kölbl, Chef der Gynäkologischen Onkologie an der Klinik, sowie der Pharmakologe Michael Freissmuth, der Chef der Neurologie, Eduard Auff, und der oberste Anästhesist Alfons Hammerle. Mit Vizerektorin Karin Gutiérrez-Lobos, bis dato zuständig für Lehre, Gender und Diversität, hat sich die einzige Frau für den Spitzenposten beworben. Insider billigen ihr gute Chancen zu. Dass sie klar der SPÖ-Seite zugerechnet wird (sie trat vor einem Jahr für diese in den ORF-Stiftungsrat ein), schade wohl auch nicht, heißt es.

Diese hat freilich auch ein Bewerber von außen vorzuweisen: Michael Stampfer, Leiter des Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds, studierter Jurist und langjähriger Manager der Wiener Forschungsagenden, verfügt naturgemäß über gute Kontakte zur Wiener Stadtregierung.

Busek weist Gerüchte zurück

Vor allem die mächtigen Klinik-Chefs am AKH sollen Stampfer präferieren - er habe im WWTF gute Arbeit geleistet, heißt es. Das ruft wiederum uniintern Stampfer-Gegner auf den Plan. Die Klinik-Chefs wollten sich wohl nur für bewilligte Förderungsmittel erkenntlich zeigen, ist da zu hören. Zudem gehe es ja wohl schwerlich an, dass ein Jurist, der die AKH-internen Abläufe und Stolpersteine höchstens am Rande kenne, künftig die Geschicke der renommierten Wiener Med-Uni lenke. Überdies verfüge Stampfer nicht über die nötige Managementerfahrung, da der WWTF über nur wenige Mitarbeiter verfügt. Die Absicht der Klinik-Chefs sei wohl, sich einen potenziell schwachen Rektor zu "halten", heißt es in Ärztekreisen.

Müller und Kölbl wiederum werden ÖVP-Nähe beziehungsweise gute Kontakte zum Uni-Ratsvorsitzenden Erhard Busek nachgesagt. Was dieser als "Unsinn" abtut, ebenso wie das Gerücht, die Findungskommission streite derart über die Auswahl der Kandidaten, dass das Hearing womöglich verschoben werden müsse.

Gerüchte und Intrigen

Hinter den Gerüchten und Intrigen schwelt freilich eine Grundsatzdebatte: Soll nach Schütz wieder ein "Kliniker" die Med-Uni leiten oder nicht? Dass die Abteilungschefs sich diesmal eher einen Kandidaten von außen wünschen, hat wohl auch mit den jüngsten Auseinandersetzungen zu tun. Im Gerangel mit der Politik hat Schütz "seinen" Ärzten am AKH Sprechverbot erteilt - was diese gar nicht goutierten.

Busek zum STANDARD: "Es gibt Diskussionen in Rat und Senat, aber wir werden zeitgerecht die Hearings abhalten." Naturgemäß will sich Busek zu keinem der Kandidaten äußern, nur dazu, welche Qualifikationen der neue Rektor haben müsse: "Er oder sie muss fachlich fundiert sein, mit den Herausforderungen eines modernen Wissenschaftsbetriebs vertraut, und mit der besonderen Doppelrolle der Med-Uni Wien umgehen können." Das spricht gegen Stampfer, was der Uni-Ratsvorsitzende so nicht definitiv sagt. Er erwarte jedenfalls eine "Team-Lösung", sagt Busek: "Der neue Rektor braucht jedenfalls ein starkes Team um sich."

Auch die Wiener Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely wünscht sich "ein starkes Team". Dieses habe vor allem eine vordringliche Aufgabe: "Der neue Zusammenarbeitsvertrag zwischen Bund und Stadt Wien muss mit Leben erfüllt werden."

Dass die Entscheidung rasch fällt, gilt, angesichts der internen Kämpfe, als unwahrscheinlich. (Petra Stuiber, DER STANDARD, 31.3.2015)