Bei der Raiffeisen Bank International steppt der Bär – zumindest aus Börsensicht. Im Aktienhandel ist Meister Petz nämlich nicht Synonym für ausgelassene Partys, sondern für fallende Kurse. Und die Talfahrt begleitet die Bank seit Wochen. Zuletzt diskutierten Finanzkreise sogar die Gefahr einer notwendigen Feuerwehraktion infolge der Belastungen aus Russland und der Frankenaufwertung.

Eines der Warnsignale: Nachrangige Anleihen, die im Falle einer Gläubigerbeteiligung als erste zur Sanierung herangezogen werden können, purzelten auf unter die Hälfte ihres Nominalwerts. Und Kreditausfallversicherungen (Credit Default Swaps) des Papiers implizierten, dass die Märkte einem Haircut eine 70-prozentige Wahrscheinlichkeit beimessen.

Das mag übertrieben sein – immerhin schaffte die Bank den von der Europäischen Zentralbank veranstalteten Stresstest Ende Oktober und sollte somit ausreichend Kapital für härtere Zeiten angesammelt haben. Doch andererseits sind die Märkte nicht ganz grundlos skeptisch. Immerhin hat der Finanzkonzern vor genau einem Jahr 2,78 Milliarden Euro bei Anlegern eingesammelt. Wer damals zum Kurs von 28,50 Euro je Aktie mit von der Partie war, hat inzwischen mehr als zwei Drittel seines Investments eingebüßt.

Euphorie verflogen

Im vergangenen Jahr hat sich auch einiges getan. Die Ukraine-Krise rückt alles, was wirtschaftlich mit Russland in Verbindung steht, in ein schiefes Finanzmarkt-Licht. Tatsächlich war Russland 2013 mit mehr als einer halben Milliarde Euro Gewinn noch der größte Ertragsbringer der RBI.

Die Euphorie war so groß, dass man sich noch zusätzliches Geschäft eines Konkurrenten einverleibte. Jetzt sind die Träume geplatzt: Die Bank will in Russland zwar weiterhin profitabel sein, doch Wertberichtigungen im noch ausstehenden Jahresabschluss dürften die Kapitaldecke schmälern. Und die Mittwochabend bekanntgegebene Reduktion des Geschäfts um ein Fünftel wird vor der einstigen Gewinnmaschine nicht haltmachen.

Vertrauen verspielt

Nicht gerade als vertrauensbildend hat sich im schwierigen Umfeld die Kommunikationspolitik der von Karl Sevelda geführten Bank erwiesen. Noch bei der Präsentation der Halbjahresbilanz 2014 wollte man von hohen Belastungen in Ungarn nichts wissen, einen Monate später – im September – war die Zwangskonvertierung von Fremdwährungskrediten in Forint plötzlich Mitgrund für eine Hiobsbotschaft: RBI wird 2014 erstmals einen Verlust einfahren. Der mit bis zu 500 Millionen Euro auch nicht zu klein ausfallen soll.

Dazu tragen auch Wertberichtigungen in der Ukraine bei, die freilich erst ein halbes Jahr nach der Annexion der Krim und der folgenden Lahmlegung des Bankgeschäfts in der Ostukraine bekanntgegeben wurden.

Was die Situation der RBI alles andere als erleichtert: Der zwar immer noch mächtige, aber alles andere als bruststarke Raiffeisen-Sektor gibt immer weniger Rückhalt. Schon bei der Kapitalerhöhung vor einem Jahr ließ sich Hauptaktionär RZB auf 60 Prozent verwässern. Die Raiffeisen-Landesbanken sind nicht mehr bereit oder in der Lage, die Geldspitze des Sektors zu stützen.

Übereilte Zukäufe

So wachsen die Sorgen, dass die diversen Krisenherde die RBI überfordern könnten. Dazu hat die Bank einen wesentlichen Beitrag geleistet: Frisches Geld der Aktionäre wurde postwendend an den Staat weitergereicht, indem Partizipationskapital zurückbezahlt wurde, anstatt es zur Stärkung des Kapitals im Haus zu belassen. Genau darauf hatte übrigens die Finanzmarktaufsicht wegen der Ukraine-Krise gedrängt.

Und auch die Zukäufe wie jener der Polbank erfolgten übereilt und waren überdies unglücklich. In Polen hat die RBI mit knapp drei Milliarden Euro den größten Anteil an Frankenkrediten vergeben. Nun muss sich die RBI schon wieder von Anteilen an der Polbank trennen. Ebenso von anderen Aktivitäten, um die angepeilte Reduktion der risikogewichteten Aktiva um 20 Prozent zu erreichen. Ob die Bank dafür im aktuellen Umfeld verträgliche Preise erzielen kann, bleibt abzuwarten. Den Anlegern gefällt's: Die Bären blieben der Wiener Börse zumindest am Donnerstag fern und machten den Bullen Platz. (Andreas Schnauder, derStandard.at, 29.1.2015)