Johannesburg - Die trockene Halbwüste Karoo gilt als biologisch vielfältiges Juwel in Südafrika: Schafherden grasen auf weiten Ebenen, die schon bald mit hässlichen Bohrlöchern durchzogen sein könnten. Fracking heißt die Angst, die bei den Bewohnern des zentralen Hochplateaus umgeht. Denn Südafrikas Regierung will die Firmenlizenzen für Bohrungen nach Schiefergas bereits Mitte nächsten Jahres vergeben.
Die Testbohrungen bis in eine Tiefe von vier Kilometern könnten ein Jahr später beginnen, kündigte die Energieministerin Susan Shabangu jetzt im Parlament an. Technische Regulierungen und die vorgeschriebenen Anhörungen in den Gemeinden sollen im Dezember oder Jänner beendet werden. Aber die Regierung hat es schwer, Begeisterung für die geplante Ausbeute des natürlichen Schiefergases in der 440.000 Quadratkilometer großen Karoo zur Energieumwandlung zu wecken: Zu groß sind die Bedenken für Umweltschäden.
Widerstand - jetzt vor Gericht
Zwar hatten Proteste zu einem Halt der Pläne geführt, aber nun will die 2011 gegründete Gruppe "Treasure Karoo Action Group" mit landesweit 150.000 Mitgliedern den Kampf in die Gerichte verlagern. Zunächst soll ein Bericht über die sensible ökologische und wirtschaftliche Lage in der Karoo an Südafrikas Ombudsfrau Thuli Madonsela gehen. Letzte Instanz ist das Verfassungsgericht. "Auch wenn wir Millionen von Demonstranten vor dem Regierungssitz in Pretoria versammeln, halten wir Fracking nicht auf", sagt Gründer Jonathan Deal.
Landwirte fürchten um ihre Existenz. 30 Prozent des Frischfleisches für Südafrika stammt aus der Viehzucht in der Karoo, und 50 Prozent der Angorawolle weltweit kommen aus der Schafhaltung. Die Fracking-Gegner zweifeln an der Verantwortung der Regierung: "Es geht nicht um den Dienst an den Menschen, sondern um Geld und Profit", glaubt Deal. Die Regierungspartei besitze Anteile an Shell, einem der Unternehmen, das sich um eine Lizenz in der Karoo bewirbt, sagt Deal. Der vor 20 Jahren von der ANC-Partei gegründete Batho Batho Trust besitzt 51 Prozent an der Thebe Kapitalanlagen-Gesellschaft, dem einheimischen Partner von Shell Südafrika.
"Kein nachhaltiges Vorhaben"
Erfahrungen aus den USA bestätigen, dass Bohrlöcher mit Gas schnell versiegen, meint Deal: "Das Vorhaben ist extrem teuer, verbraucht Unmengen von Wasser und ist nicht nachhaltig." Die Zukunft Südafrikas liege vielmehr in verbesserter Landwirtschaft und steigendem Tourismus, meint er.
Südafrika bedient fast 90 Prozent des Energiebedarfs aus den reichhaltigen Kohlevorkommen. Um die schwächelnde Wirtschaft anzukurbeln, hatte Präsident Jacob Zuma eine Veränderung des Energiesektors und einen Mix aus Kohle, erneuerbaren Energien, Erdgas und Kernkraft angesagt. (Martina Schwikowski, DER STANDARD, 15.11.2014)