Duisburg - Die Befruchtung einer weiblichen Eizelle ist ein dramatischer Moment: Bis zu 150 Millionen Spermien brechen im weiblichen Körper mehr oder weniger zugleich zum Ei auf, der Großteil von ihnen bleibt jedoch schon zu Beginn auf der Strecke. Am Ende sind es wenig hundert Samenzellen, die das Ei erreichen - gewinnen kann am Ende nur eine einzige davon. Ein deutsches Forscherteam konnte jetzt zeigen, dass es dabei nicht allein aufs Tempo, sondern offenbar auch auf die Schwimmtechnik der Spermatozoen ankommt.

Bisher gingen Wissenschafter davon aus, dass alle Spermien eine fast identische Schwimmtechnik haben, manche dabei nur langsamer als ihre Konkurrenten sind, wie die Universität Duisburg-Essen in einer Mitteilung schreibt. Spermien bewegen sich dank einer schlagenden Geißel fort.

Dies stimmt so nicht, konnten nun die Forscher um Gunther Wennemuth von der Universität Duisburg-Essen in einer Studie im Fachjournal "BMC Biology" nachweisen. Sie haben das Verhalten von Mäusespermien mittels Hochgeschwindigkeitsaufnahmen und modernen Methoden der Mikroskopie untersucht.

Schwimmtechnik und Kooperation geben den Ausschlag

Es zeigte sich, dass Spermien durch Schwimmtechniken und sogar durch Kooperation einen Vorsprung gewinnen können. Samenzellen, die sich ineinander verkeilt haben, können sich durch eine Rollbewegung befreien und in eine andere Richtung weiter schwimmen. Art und Geschwindigkeit der Rotation bestimmen dabei, in welche Richtung die Reise weitergeht.

Die Wissenschafter beobachteten außerdem, dass Spermien in Gruppen von zwei bis vier aneinandergelagerten Zellen schwimmen können. Im Verband erreichen sie den Auswertungen zufolge deutlich höhere Geschwindigkeiten. Die Forscher schließen daraus, dass Rollen und Aneinanderheften bei der Selektion des glücklichen Gewinners eine Rolle spielen.

Hilfreich für die Fortpflanzungsmedizin

Die Resultate könnten für die Fortpflanzungsmedizin von Bedeutung sein: "Je genauer wir die Mechanismen der erfolgreichen Befruchtung einer Eizelle durch ein Spermium verstanden haben, desto besser können Störungen der Fruchtbarkeit erklärt und eventuell behandelt werden", erklärte Wennemuth.

Auch das Verfahren der künstlichen Befruchtung könne durch ein besseres Verständnis der Signalübertragung von Keimzellen verbessert werden, betonen die Forscher. Dazu müssten nun als Nächstes die Faktoren identifiziert werden, die das Rollen und Anheften beeinflussen. (APA/red, derStandard.at, 09.09.2014)