Für die Ärztekammer ist der Ärztemangel bereits Realität: Viele Ärzte gehen in Pension, Jungmediziner zieht es ins Ausland. Mehr als die Hälfte der Allgemeinmediziner in Österreich sind über 55 und nur fünf Prozent unter 40 Jahre alt. Ähnlich sieht es bei Fachärzten aus, wo schon 60 Prozent die 55 überschritten haben.

Für Johannes Steinhart, Vizepräsident der Ärztekammer in Wien, liegt die Überalterung an den Rahmenbedingungen. Der bürokratische Aufwand für Ärzte steige ständig, und weder von den Krankenkassen noch von der Politik gebe es Unterstützung.

Hausbesuche nicht rentabel

Gerade für Allgemeinmediziner seien viele Leistungen nicht mehr rentabel. Für einen Hausbesuch bekommt der Arzt laut Steinhart 40 Euro brutto, dabei sei die Art der Versorgung besonders wichtig. "Man kann nicht jede Leistung erwarten, sie aber nicht finanzieren." Wenn Zuwendungsmedizin gefordert werde, müsse auch die Deckelung stimmen. Der Frust unter den Medizinern sei groß, viele würden in den privaten Sektor ausweichen. In zehn Jahren werde die Situation ganz katastrophal sein, sagt Steinhart.

Viele geplante Maßnahmen seien nur "Absichtserklärungen", kritisiert der Funktionär. Als Beispiel nennt er die gepante Lehrpraxis, wo angehende Allgemeinmediziner einen Teil ihrer Ausbildung bei einem praktischen Arzt absolvieren müssen. Für den ausbildenden Arzt sei keine finanzielle Unterstützung vorgesehen. Steinhart fordert daher eine ausreichende Finanzierung der Lehrpraxen und einen Abbau der Bürokratie, damit der Arztberuf wieder attraktiver werde. (mte, derStandard.at, 28.8.2014)