Neuer ÖVP-Obmann, aber nicht Finanzminister: Reinhold Mitterlehner

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Dass er selbst nicht den Finanzminister machen will, stellte Reinhold Mitterlehner, der am Dienstagabend vom ÖVP-Vorstand einstimmig zum neuen Obmann bestimmt wurde, relativ schnell klar. Bis Dienstag nächster Woche will er jetzt eine Lösung und möglicherweise eine neue Mannschaft präsentieren. Denn der Rücktritt Michael Spindeleggers könne auch eine Gelegenheit für Rochaden im Regierungsteam sein, sagte Mitterlehner im Ö1-"Morgenjournal" am Mittwoch. Er schließe nicht aus, dass es auch andere Wechsel geben werde. Der Kern des Regierungsteams sei aber neu und gut aufgestellt.

Mitterlehner ließ dabei auch wissen, er tendiere dazu, Wirtschafts- und Wissenschaftsminister zu bleiben. Er habe sich überlegt, die Funktionen des Parteiobmanns und des Finanzministers zu trennen. Denn das Amt des Finanzministers bringe eine Menge Nachteile mit sich, etwa eine lange Einarbeitungszeit.

Gerüchteküche

Also muss sich die Partei wohl einen neuen Finanzminister suchen. Der war am Mittwoch noch nicht gefunden, es wurden aber bereits eine ganze Reihe von Namen genannt: der Bankmanager Stephan Koren etwa, Hauptverbands-Chef Hans Jörg Schelling und Gottfried Haber von der Donau-Uni Krems.

Schelling antwortete am Mittwoch am Rande einer Pressekonferenz auf die Frage, was er zu diesen Gerüchten sagt: "Nichts. Ich habe davon selbst aus den Medien erfahren." Der Hauptverbands-Chef hätte aus der Sicht des designierten ÖVP-Chefs den Vorteil, dass er als Vizepräsident ebenso aus der Wirtschaftskammer kommt wie er selbst. Außerdem hat er nach zahlreichen Verhandlungen zur Gesundheitsreform nicht nur die Krankenkassen maßgeblich mitsaniert, sondern er hat auch einen guten Draht zu Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer.

Wirtschaftswissenschafter Haber will aktuelle Spekulationen darüber, dass er selbst als Finanzminister im Gespräch sei, "nicht kommentieren". Die Herausforderungen für einen künftigen Finanzminister bezeichnet er im Gespräch mit derStandard.at jedenfalls als "sehr groß, mit kleinen Reförmchen ist es nicht getan".

Job Description

Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) hat bereits seine Vorstellungen deponiert, was ein neuer Finanzminister brauche. Nötig sei "gute Sachkenntnis", aber auch eine "gewisse Härte", erklärte er im ORF-Radio Vorarlberg.

Geht es nach Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl, hat bei der Personensuche eines Priorität: "Jeder kann Finanzminister werden, der das Vertrauen von Mitterlehner hat." Und Mitterlehner sei als "Mann der Wirtschaft" mit Sicherheit "der richtige Mann an der ÖVP-Spitze".

Auch Wifo-Chef Karl Aiginger empfiehlt dem neuen ÖVP-Chef einen Finanzminister, mit dem er perfekt zusammenarbeiten kann, unabhängig davon, ob es ein ÖVP-Mitglied oder ein unabhängiger Experte ist. Aiginger: "Es ist beides möglich, es haben sich ÖVP-Mitglieder als überparteilich herausgestellt, und es haben sich Experten total von ihrer entsandten Lobby abhängig gemacht."

Lopatka bleibt im Klub

Für Kontinuität im Finanzressort soll vorerst Jochen Danninger sorgen, er ist dort Staatssekretär und gilt in der Koalition in Steuerfragen als der Experte schlechthin, dazu trägt das umstrittene Hypo-Sondergesetz seine Handschrift.

Klar ist, dass Reinhold Lopatka nicht ins Finanzressort wechselt, ihm sprach Mitterlehner das Vertrauen als Klubchef im Parlament aus. Der neue ÖVP-Chef stellte auch klar, dass Gernot Blümel Geschäftsführer der Partei bleiben soll.

Steuerreform: Ende der Pattstellung

Tatsächlich dürfte die Steuerreform das bestimmende Thema bleiben. Im "Morgenjournal" sagte Mitterlehner am Mittwoch, er wolle mit Verve und Dynamik sein neues Amt angehen, in Sachen Steuerreform müsse man eine "ewige Pattstellung" vermeiden.

Gleichzeitig sieht Mitterlehner "relativ keinen" Spielraum, die Vermögenssteuer anders zu handhaben als sein Vorgänger. "Relativ ist also eigentlich absolut zu sehen", so der neue ÖVP-Chef. Er würde sie aber nicht "absolut" ausschließen - es müsse einen Spielraum geben, um eine Lösung zu finden. Die ÖVP werde eine "bestimmte Bewegung aufnehmen" und auf Ebene der Bünde und Landesparteien eine Klärung in der Steuerfrage suchen. Auf Regierungsebene wurde zuletzt die Variante diskutiert, Kapitalertrags- und Grundsteuer zu erhöhen.

"Profil gewinnen"

Dem Koalitionspartner richtete Mitterlehner aus, dass dort keine Erwartungshaltung angebracht sei, dass er nur "ein pflegeleichter Partner" sein und sofort umfallen werde. Mitterlehner stellte allerdings klar, dass er die Koalition fortführen wolle: "Ich strebe nicht Neuwahlen an, bevor wir uns nicht inhaltlich klar positioniert haben", das sei auch strategisch unsinnig.

Er habe sich "nicht in diese Rolle gedrängt, aber es gilt, das Notwendige wahrzunehmen" - und dabei, sagte Mitterlehner, werde er die gebotene "Kraft und Kreativität" entfalten. "Ich sehe mich als Spezialisten für schwierige Aufgaben." Als Ziel gab Mitterlehner aus, dass die Koalition "Profil gewinnen" müsse: "Es gilt, die Frage zu klären, wofür diese Regierung steht." (red, APA, 27.8.2014)