Brüssel - Die Staats- und Regierungschefs der EU haben am Mittwochabend weitere Sanktionen gegen Russland beschlossen. Damit sollen gezielt Firmen und Oligarchen bestraft werden, die die Krim-Annexion finanziell unterstützt oder sonst zur Destabilisierung der Ostukraine beigetragen haben, sagten EU-Diplomaten.

Über konkrete Firmen, die auf die Liste für Kontensperren gesetzt werden, wurde vorerst nichts bekannt. Laut einer EU-Diplomatin kann noch nicht gesagt werden, ob auch große Energiefirmen wie Rosneft und die Bank des Gasriesen Gazprom mit Strafmaßnahmen belegt werden, wie das die USA getan haben. Beschlossen sind inzwischen nur weitere Einreiseverbote und Kontensperren für elf Anführer der ostukrainischen Separatisten.

Banken sollen Finanzierung auf Eis legen

Die Gipfelteilnehmer forderten die Europäische Investitionsbank (EIB) zudem auf, neue Projekte in Russland auszusetzen. Auch die Finanzierung neuer Vorhaben durch die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) soll auf Eis gelegt werden.

Die EU-Staaten riefen Russland erneut dazu auf, seinen Einfluss auf die Separatisten zu nutzen und eine Deeskalation zu erwirken. Auch der Fluss von Waffen und Kämpfern über die Grenze solle gestoppt werden. Andererseits solle mit der Ukraine und Russland über die Fortsetzung der Gaslieferungen von Russland in die Ukraine weiterverhandelt werden.

Auch US-Sanktionen verschärft

Die verschärften Strafmaßnahmen der USA richten sich unter anderem gegen russische Unternehmen aus dem Rüstungs-, Finanz- und Energiesektor, wie das US-Finanzministerium am Mittwoch mitteilte. Unter den betroffenen Firmen sind der Ölgigant Rosneft und die Bank von Gazprom.

Die Sanktionen seien "die Antwort auf Russlands andauernde Versuche, den Osten der Ukraine zu destabilisieren", erklärte das US-Finanzministerium.

Obama: Vorgehen Russlands hat Konsequenzen

Auch Präsident Barack Obama äußerte sich zu den Sanktionen: "Russlands Unterstützung für die Separatisten und die Verletzung der Souveränität der Ukraine geht weiter", sagte Obama am Mittwoch. "Wir haben unsere Präferenz betont, diese Angelegenheit diplomatisch zu lösen, aber wir müssen konkretes Handeln und nicht nur Worte sehen." Russland sei wiederholt aufgefordert worden, den Strom von Kämpfern und Waffen in die Ostukraine zu stoppen. Außerdem hätte sich Russland für die Freilassung von Geiseln und eine Waffenruhe einsetzen müssen.

"Bis jetzt hat es Russland versäumt, irgendeinen dieser Schritte zu unternehmen", kritisierte Obama. Die russische Regierung werde nun erneut erfahren, dass ihr Vorgehen Konsequenzen habe. Bereits nach der Annexion der Halbinsel Krim im März hatte der Westen Einreiseverbote und Kontensperren gegen ranghohe russische Regierungsvertreter und Wirtschaftsführer verhängt.

Vermögenswerte nicht eingefroren

Anders als in der Vergangenheit angedroht, erstrecken sich die neuen US-Sanktionen nicht auf ganze russische Wirtschaftszweige. Für mehrere bedeutende Unternehmen wird der Zugang zum US-Kapitalmarkt aber stark eingeschränkt. Aus den USA heraus und von US-Bürgern dürfen fortan keine Finanzierungsgeschäfte mit der Gazprom-Bank und der russischen Bank für Außenwirtschaft getätigt werden. Gleiches gilt für Rosneft und den Gaskonzern Nowatek. Die Vermögenswerte dieser Unternehmen werden in den USA aber nicht eingefroren.

Dagegen belegten die USA acht russische Rüstungsfirmen, die Handfeuerwaffen, Granaten und Panzer herstellen, mit Kontensperren. Auch Vertreter der Separatisten wurden auf die Sanktionsliste gesetzt. Betroffen sind die "Volksrepublik Luhansk" und die "Volksrepublik Donezk" sowie der selbsternannte Regierungschef von Donezk, Alexander Borodaj.

Russland kündigt "schmerzhafte" Gegenmaßnahmen an

Russland wies die US-Sanktionen zurück. Die US-Regierung habe die Maßnahmen unter einem "konstruierten, falschen" Vorwand verschärft, sagte der stellvertretende Außenminister Sergej Rjabkow der Nachrichtenagentur Interfax. Die Entscheidung sei "skandalös und völlig inakzeptabel".

Rjabkow drohte den USA mit "scharfen und schmerzhaften" Gegenmaßnahmen, die auch Folgen für amerikanische Unternehmen haben dürften. Russland werde aber nicht die "Methoden der US-Regierung kopieren" und sich nicht provozieren lassen, sondern bei seiner Reaktion Ruhe bewahren.

Putin: Führt Beziehungen mit USA in Sackgasse

"Sanktionen haben einen Bumerang-Effekt, sie werden zweifelsohne die Beziehungen zwischen den USA und Russland in eine Sackgasse führen und sehr schwere Schäden anrichten", sagte Russlands Präsident Wladimir Putin am Mittwoch. Er müsse sich die Sanktionen noch im Detail ansehen, sei aber schon jetzt sicher, dass sie langfristig den Interessen der USA zuwiderliefen.

"US-Unternehmen, die in Russland Geschäfte machen wollen, werden ihre Wettbewerbsfähigkeit verlieren im Vergleich zu anderen globalen Energiekonzernen", warnte Putin. Als Beispiel nannte er den US-Konzern Exxon Mobil, der sich in Russland engagieren wolle. "Sie fügen ihren eigenen großen Energiekonzernen Schaden zu", sagte Putin. (APA, red, 17.7.2014)