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In Sachen Syndikat mit Mexiko gab es am Mittwoch vorübergehend keine gute Verbindung zur Telekom Austria.

Foto: reuters/bader

Wien – Vizekanzler und Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP) hat über den Kompromiss offenbar zu früh gejubelt. Was als "g’mahte Wies’n" schien, geriet am Mittwoch nämlich zu einer Zitterpartie: Die Abstimmung im ÖIAG-Aufsichtsrat über den Syndikatsvertrag mit dem Telekom-Großaktionär América Móvil (Amov) ging erst spät Abends über die Bühne, nachdem zumindest ein Aufsichtsrat herbeigeholt werden musste.

Mangels ausreichender Anwesenheit der 14 Kapitalvertreter hatte die Abstimmung über Tagesordnungspunkt 2 zuvor stundenlang nicht stattfinden können. Denn die fünf Arbeitnehmervertreter waren der Sitzung fern geblieben – aus Protest gegen den Pakt von ÖIAG und Amov.

Da für einen gültigen Beschluss die Hälfte der Aufsichtsratsmitglieder physisch anwesend sein muss, fehlte dem von Vizepräsident Siegfried Wolf geleiteten Kontrollgremium überraschend das notwendige Quorum.

Hektische Telefonate

Die Folge waren hektische Telefonate – Ex-Siemens-Vorstand Brigitte Ederer war entschuldigt (sie hatte ihre Stimme übertragen), Präsident Peter Mitterbauer und Thomas Winkler weilten im Ausland. Am Nachmittag hieß es in ÖIAG-Kreisen, Mitterbauer werde aus Palästina eingeflogen, um das Syndikat zu retten. Die Sitzung wurde am Abend fortgesetzt.

Der Grund für den plötzlichen Widerstand der Personalvertreter: Die künftigen Einflussmöglichkeiten der ÖIAG bei der Telekom Austria (TA) scheinen überschaubar. Der im Vertragsentwurf formulierte Zweck lässt erahnen, wohin die Reise geht: "Die alleinige industrielle Führerschaft und Kontrolle über die Telekom-Austria-Group durch Carso Telecom." Carso ist jenes niederländische Vehikel, in dem der mexikanische Amov-Konzern seine 26,8 Prozent an TA gebündelt hat.

Dagegen scheinen die der ÖIAG zugesicherten Top-Positionen des Vorstandschefs und des Aufsichtsratsvorsitzenden mickrig. Denn sowohl Aufsichtsrat als auch Vorstand werden klar von Amov dominiert, die die Österreicher jederzeit überstimmen können, wie eine mit der Materie vertraute Person im Standard-Gespräch erläuterte.

Kapitalerhöhung

Der Rest des 100-seitigen Vertragskonvoluts, das die Aufsichtsratsmitglieder am Dienstag studieren durften, ist bekannt: TA-Headquarter und Forschung & Entwicklung bleiben für zehn Jahre in Wien und die TA bekommt eine Milliarde Euro Kapitalerhöhung.

Nächster Schritt des mexikanisch-österreichischen Pakts: Der Aktionär aus Mexiko kann die TA voll konsolidieren, weil er den Platzhirschen in Festnetz und Mobilfunk de facto beherrscht. Gemeinsam kontrollieren die beiden Großaktionäre gut 55 Prozent der Aktien. Das von der Übernahmekommission vorgeschriebene Übernahme-Pflichtangebot muss  binnen 20 Tagen folgen. América Móvil wird ein Pflichtangebot legen und bietet dem Streubesitz 7,15 Euro je Aktie

Lukratives mit Prämie auf den Durchschnittskurs der letzten sechs Monate sollten sich TA-Aktionäre nicht erwarten. Der Kurs sitzt tief – am Mittwoch rutschte die TA-Aktie knapp drei Prozent ab –, Amov muss im Prinzip keine weiteren Aktien erwerben. Die Beherrschung ist mit dem Syndikatsvertrag ohnehin gegeben.

Gemessen am Kaufpreis für die 27 Prozent (rund neun Euro), bekäme Amov die ganze TA dank Syndikats um gut drei Euro pro Aktie. "Es gibt keine Partnerschaft auf Augenhöhe", sagte einer der rebellischen Personalvertreter. Auch gebe es keine Arbeitsplatzgarantien. "Ein Syndikatsvertrag würde für die TA und für Österreich nur Nachteile bringen", argumentiert AK-Direktor Werner Muhm. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, 24.4.2014)