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Seesterne können sich auf nahezu jeder Oberfläche festhalten. Wie sie zu dieser temporären Haftfähigkeit kommen, hat nun ein internationales Forscherteam entschlüsselt.

Foto: AP Photo/The Oregonian, Jamie Francis

Innsbruck - Seesterne spazieren auf zehntausenden winzigen Füßchen über den Meeresboden. Am Ende jedes dieser Beine sitzt eine Verdickung, mit der sich die Stachelhäuter überraschen fest an den Untergrund klammern können. Wie die Seesterne unter Wasser an Oberflächen anhaften und wieder ablösen können, hat nun ein internationales Forscherteam mit österreichischer Beteiligung herausgefunden: Ein extrem großes und komplex aufgebautes Protein hilft ihnen dabei. Nach Meinung der Wissenschafter könnte die Entdeckung zur Entwicklung von ungiftigen Bio-Unterwasserklebstoffen führen.

Wenn sich etwa Muscheln, Röhrenwürmer oder Seepocken an einer Oberfläche anhaften, dann bleiben sie ihr gesamtes Leben lang an dieser Stelle kleben. Im Gegensatz zu anderen Meeresbewohnern können sich Seesterne oder Plattwürmer aber temporär an ihre Beutetiere, Felsen oder andere Materialen anhaften. Bereits seit einigen Jahren versucht Elise Hennebert von der Universität Mons (Belgien) herauszufinden, wie die Seesterne das machen. In der Fachzeitschrift "PNAS" stellen die Forscherin und ihre Kollegen nun die Entdeckung des sogenannten "Sea star footprint protein 1" (Sfp1) vor.

"Das ist das erste Mal, dass ein Protein, das temporäres Anhaften ermöglicht, beschrieben wurde", erklärte Hennebert. Bei dem Riesenprotein handelt es sich um den Hauptakteur in dem Prozess des Anhaften und Ablösens. Sfp1 wird sozusagen in einem Stück in den Zellen in den Füßchen hergestellt und danach in vier Untereinheiten geteilt.

Mehrere Protein-Einheiten für unterschiedliche Oberflächen

Jede dieser Einheiten kann spezifische Verbindungen zwischen den Seestern-Füßchen und den jeweiligen Oberflächen, auf denen sich die Tiere anhaften wollen, herstellen. Einer der vier Proteinteile kann beispielsweise sehr gut an Kohlehydraten haften. Andere Untereinheiten sind auf Verbindungen mit anderen Proteinen oder metallischen Oberflächen abgestimmt. Neben den Zellen, die die Klebesubstanz herstellen, gibt es in den Füßchen auch Zellen, die Substanzen mit gegenteiliger Wirkung ausschütten. Zurück bleibt dann eine Art Klebstoff-Fußabdruck.

"Die zentrale Erkenntnis in der Arbeit ist, dass das Protein auch das Loslösen wieder erlaubt", erklärte der an der Untersuchung beteiligte Forscher Peter Ladurner vom Institut für Zoologie der Universität Innsbruck. Dieser Umstand - zusammen mit der Fähigkeit, mit allen Oberflächen Verbindungen herzustellen - mache den Befund unter anderem auch für industrielle Anwendungen interessant.

Große Anwendungsvielfalt

Ladurner und seine Innsbrucker Kollegen untersuchen in einem eigenen Forschungsschwerpunkt und in einem EU-geförderten Forschungsverbund, wie sich Tiere an Oberflächen anhaften und was der Mensch davon lernen kann. Es sei sehr selten, dass klebende Substanzen unter Wasser funktionieren. "Alle Klebstoffe, die der Mensch herstellt, sind zudem toxisch, nicht gewebekompatibel und funktionieren nicht gut in feuchtem Zustand", so Ladurner. Der große Vorteil der Klebstoffe, die Organismen produzieren, liege eben darin, dass sie eventuell biomedizinisch in Gewebe oder in anderen Industriebereichen unter Wasser eingesetzt werden könnten. (APA/red, derStandard.at, 18.04.2014)