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Backcheck: Auffälligkeiten, Anekdoten und Analysen aus der EBEL. Jeden Dienstag.

Schlag auf Schlag: Zwei Tage nach einem denkwürdigen Spitzenspiel zwischen Salzburg und Linz geht am Dienstagabend der zweite saisonale Akt des stets brisanten Duells zwischen Villach und Klagenfurt in Szene. Für das intensive anstehende Programm – an acht der kommenden 13 Tage bis zur Länderspielpause wird EBEL-Eishockey gespielt – hat sich der KAC gleich doppelt verstärkt, Martin Schumnig zurück- und Andreas Nödl an Bord geholt. Während beim Kärntner Derby volle Ränge garantiert sind, bereiten die Zuschauerzahlen in der Liga insgesamt eher Sorgen. Nicht so in Linz und Székesfehérvár, wo die Hallenauslastung jenseits der 90 Prozent-Marke liegt und auch eine ähnliche Eishockeyphilosophie verfolgt wird. All das Themen im Backcheck dieser Woche.

Rotjacken rüsten nach

Zwar lichteten sich die Reihen im Lazarett des Meisters zuletzt maßgeblich, dennoch wurde Klagenfurt am Transfermarkt aktiv. Nach missglückten Probetrainings bei Lausanne und Kloten versucht Ex-NHL-Crack Andreas Nödl (195 Spiele für Philadelphia und Carolina) nun am Wörthersee, seine nach einem Kreuzbandriss im März verlorene Form wiederzufinden. Angesichts der noch immer angespannten Personalsituation beim KAC auf der einen und Nödls großem Bedarf an Spielpraxis auf der anderen Seite gereicht der vorerst bis zum 3.November laufende Kurzzeitvertrag beiden Parteien zum Vorteil.

Bereits am Freitag fixierte der Rekordmeister die Rückkehr von Verteidiger Martin Schumnig, dessen nicht gänzlich durchdacht wirkendes Nordamerika-Abenteuer nur wenige Wochen dauerte und ohne Pflichtspieleinsatz in der (drittklassigen) ECHL zu Ende ging. Der 24jährige Eigenbauspieler wird ebenso wie Andreas Nödl am Dienstag im Derby gegen Villach sein Saisondebüt im KAC-Trikot geben. Zeit zur gemächlichen Akklimatisierung bleibt den beiden nicht, denn die kommenden Wochen werden in Klagenfurt vom beinharten internen Konkurrenzkampf geprägt sein: Nicht weniger als 23 das Punktekonto belastende Spieler stehen aktuell unter Vertrag, bis zum Ende der ligaweiten Try-Out-Phase Mitte November muss der Kader maßgeblich gestrafft werden.

Adler warten noch ab

Lokalrivale VSV, der im 301. direkten Duell am Dienstag Heimrecht genießt, hat sich im bisherigen Saisonverlauf am Transfermarkt zurückgehalten, obwohl die Imports Hotham, Forney, Jarrett und Pretnar zusammengerechnet bereits 24 Ligaspiele verpasst haben. Allerdings ist es kein Geheimnis, dass Villach je nach Marktlage bis spätestens zur Olympia-Pause noch einen Verteidiger verpflichten möchte. Unter Zeitdruck steht man dabei nicht, der zum Defender umgeschulte Nico Brunner hat sich prächtig entwickelt und reift mit zunehmender Eiszeit zur ernsthaften Alternative in der Hintermannschaft heran.

Mittelfristig wird die wackelige Defensive des VSV – nur Teams aus der unteren Tabellenhälfte haben mehr Gegentore kassiert – jedoch wohl nur durch einen zusätzlichen Legionär zu stabilisieren sein, dessen Kernkompetenz im Bereich Skating liegt. Andernfalls wird es am Ende schwer, den angestrebten Einzug ins Halbfinale zu realisieren: Von den letzten 20 EBEL-Semifinalisten hatten 17 einen niedrigeren Schnitt an Gegentreffern pro Spiel als der VSV derzeit.

Je später im Spiel, desto schwächer Wien

Blickt man auf die Statistik, dürfte das Kärntner Derby am Dienstag wohl im zweiten Drittel entschieden werden, wo VSV und KAC aktuell zu den schwächsten Teams der Liga gehören, gemeinsam gewann man nur ein Viertel der ausgespielten Mittelabschnitte. Die große Überraschung in der nach Dritteln aufgeschlüsselten EBEL-Tabelle ist der Dornbirner EC, der in den Minuten 41 bis 60 mehr Punkte sammelt als jedes andere Team.

Foto: derStandard.at/Hannes Biedermann

Von Beginn jeder Partie an voll da sind unterdessen die Vienna Capitals, die bisher erst einen Eröffnungsabschnitt verloren haben und dabei in 280 Minuten nur drei Gegentreffer kassierten. Allerdings baut das Team von Tommy Samuelsson im Verlauf eines Spiels merklich ab, im Schlussdrittel weist der Vizemeister gar ein negatives Torverhältnis auf.

Deutlich weniger Fans

Als enttäuschend erwies sich in den ersten sechs Wochen der Saison der Zuschauerzuspruch, gegenüber dem Grunddurchgang des Vorjahres ergibt sich beim Besucherschnitt pro Spiel derzeit ein Minus von bedenklichen 21,2 Prozent. Auch in einer um den aus der Liga abgewanderten Zusehermagneten Zagreb bereinigten Rechnung fällt der Rückgang deutlich zweistellig aus, ebenso in einer Gegenüberstellung mit dem Vergleichszeitraum September/Oktober der letzten Saison. Der aktuelle Schnitt von 2.795 pro Partie ist der niedrigste seit zehn Jahren – obwohl die damalige und die heutige Liga hinsichtlich sportlicher und organisatorischer Qualität Welten trennen.

"Schlafwagenhockey"

Angeführt wird die EBEL aktuell vom EHC Linz, der am Sonntag das Schlagerspiel in Salzburg trotz offiziell 16:38 (bzw. nach ServusTV-Zählung gar 9:39) Torschüssen mit 2:1 nach Verlängerung für sich entschied. Die Black Wings exerzierten gegen die derzeit spielstärkste Mannschaft der Liga konsequentes und kompromiss- wie auch fehlerloses Defensiveishockey aus dem Lehrbuch vor: Starkes Goaltending hinter stets auf Absicherung bedachten Linien, in denen jeweils allen fünf Akteuren die Verdichtung der eigenen Zone als oberste Prämisse gemein ist. Hohe Kunst der Verteidigung, die frappant an die Spielweise der großen VEU Feldkirch in den 1990er-Jahren erinnerte, von Radio Kärnten-Legende Gustav Rainer einst leicht abschätzig aber nicht ganz unzutreffend unter der Bezeichnung "Schlafwagenhockey" subsumiert.

Linz spielt momentan zwar nicht das attraktivste, zweifelsfrei jedoch das effektivste Eishockey: Im Spiel bei numerischem Gleichstand am Eis blieb das Team von Rob Daum, sieht man von einem Empty Net-Treffer ab, seit knapp 172 Minuten ohne Gegentor.

Raymond bleibt bei seinem Konzept

In eine ähnliche Richtung scheint sich die Spielanlage Székesfehérvárs zu entwickeln. Trainer Marty Raymond, der in den letzten beiden Jahren Medveščak zu einer der defensivstärksten Mannschaften der Liga machte, stehen in Ungarn zwar qualitativ deutlich schwächere Spieler zur Verfügung als einst in Zagreb, die Grundstruktur seiner Konzeption blieb aber unverändert. Zuletzt punktete Fehérvár fünf Mal in Folge, die bisher sieben Saisonsiege wurden vornehmlich gegen offensiv orientierte Teams eingefahren.

Es bestehen gute Chancen, dass der eingeschlagene Weg bis in die Play-Offs führt, wenngleich abzuwarten bleibt, wie effektiv die zwingend auftretenden Verschleißerscheinungen an mit besonders viel Eiszeit bedachten Defensivspielern (Goalie Bálizs, Verteidiger Jackman, Tokaji) begrenzt werden können. (Hannes Biedermann; derStandard.at; 22.10.2013)