Thomas Schauer in seinem Wiener Atelier-Loft: Eintöpfe seien sehr schwierig zu fotografieren, Salat am einfachsten.

Foto: derStandard.at/Marietta Türk

Auch ein filetierter Fisch kann ästhetisch sein - wenn er gekonnt fotografiert wird.

Foto: Thomas Schauer

Bei den Cocktails kommt es auch auf die Gefäße und die Deko an. (Foto aus dem Buch "Cocktails")

Foto: Thomas Schauer

Er stammt aus der Steiermark, jetzt lebt und arbeitet er abwechselnd in New York und Wien - der Fotograf Thomas Schauer hat sich auf Food-Fotografie spezialisiert und damit einen Namen gemacht. Wie man am internationalen Tapet hinter der Kamera besteht und was man dafür braucht, erzählt er im Gespräch mit derStandard.at

derStandard.at: Sie haben den Durchbruch in New York geschafft. Was haben Sie richtig gemacht?

Schauer: Ich habe zur richtigen Zeit am richtigen Ort die richtigen Leute getroffen und das Beste daraus gemacht. Für mich war es ein Schlüsselerlebnis, für David Bouley, einen der erfolgreichsten Köche in New York, sein bisher einziges Kochbuch zu fotografieren. 2003 ist es auf den Markt gekommen, damals war ich Anfang 30.

Die Aufbauzeit in Amerika hat zehn Jahre gedauert. Im Prinzip wollte ich immer einfach einen guten Job machen. Natürlich war es auch ein Glück, gleich in der Topliga einzusteigen - Bouley hat mich für ein Folgeprojekt weiterempfohlen. Fuji hat damals einen Film für Food-Fotografie herausgebracht, und ich bin eingeladen worden, ihn zu testen. Daraus ergaben sich große Ausstellungen in New York und Las Vegas.

derStandard.at: Als Sie Ihre Karriere aufgebaut haben, war genau die Zeit des Übergangs von der analogen zur digitalen Fotografie. Wie sind Sie damit umgegangen?

Schauer: Das stimmt. Die erste Digitalausrüstung habe ich mir im Jahr 2000 gekauft. Gelernt habe ich das Handwerk aber analog, und darüber bin ich froh. Den Umgang mit Licht und Kontrast lernt man sehr gut im Analogbereich - ohne die überwältigenden Features der Bildbarbeitungsprogramme. Ich habe früher zu 90 Prozent Dias fotografiert, weil die Werbeindustrie das damals brauchte; die Dias sind gescannt worden und gedruckt. Alles ohne Autofokus und Blitz, der alles misst.

derStandard.at: Wie sind Sie Fotograf geworden?

Schauer: Ich habe eine Fotografenlehre in Graz gemacht und die Meisterprüfung bestanden. Mit 21 habe ich mich dann schon selbstständig gemacht und bin relativ schnell nach Wien gegangen. Ich hatte das Glück, bei einem tollen Lehrbetrieb zu arbeiten, habe Werbe- und Industriefotografie und im technischen Bereich Perfektion gelernt.

derStandard.at: Hatten Sie anfangs genug Aufträge?

Schauer: Nein, ich habe die Struktur klein gehalten. Meine größten Aufwände waren Investitionen in technisches Equipment. Ich wollte immer die beste Ausrüstung haben, und dafür habe ich oft Schulden machen müssen. Viele Aufträge habe ich mit einem Equipment gemacht, das gar nicht notwendig gewesen wäre, aber ich habe dadurch irrsinnig viel gelernt.

Kleine Aufträge verursachen nicht so viel Stress wie große, und man kann sich perfektionieren. Man braucht auch Zeit, um seinen eigenen Stil zu entwickeln - ich habe dafür zehn bis 15 Jahre gebraucht. Jetzt ist das Technische vorhanden und das Kreative im Vordergrund.

derStandard.at: Mittlerweile machen Sie vor allem Food-Fotografie?

Schauer: Ja, in Amerika mache ich zu 90 Prozent Food-Fotografie, da haben wir einen guten Kundenkreis aufgebaut. In Österreich fotografieren wir in den unterschiedlichsten Bereichen - das hält mich frisch, ist spannend und abwechslungsreich.

derStandard.at: Was macht den Job in New York anders?

Schauer: Von Wien aus betreut man den österreichischen Markt, Deutschland und die Schweiz sind vielleicht auch noch dabei. Aber in den USA gibt es einen riesigen Markt - New York ist superspannend, bietet eine große Plattform.

derStandard.at: Seit kurzem arbeiten Sie mit Ihrer Frau zusammen. Wie funktioniert die Vermischung von Privatem und Beruf?

Schauer: Meine Frau Sahinaz kümmert sich seit zweieinhalb Jahren um den Werbeauftritt und das Prop-Styling bei den Shoots: Sie organisiert Dekorationen, Hintergründe, Stoffe, Teller, Besteck etc. Trennen kann man Privates und Beruf nicht immer. Dafür sind wir viel gemeinsam auf Reisen, es hat auch Vorteile, so viel gemeinsam zu erleben. Aber das funktioniert nur, wenn die Bereiche des einen und des anderen klar definiert und abgegrenzt sind.

derStandard.at: Wie ist die Zusammenarbeit mit den Köchen? Das sind ja oft sehr charismatische Charaktere.

Schauer: Das macht mir Spaß, auch wenn da verrückte Leute dabei sind. (lacht) Sie setzen höchste Qualität voraus und auch Geschwindigkeit. Das ist nicht wie im Food-Styling-Bereich, wo Saucen gefakt werden, weil sie nach drei Stunden eben nicht mehr gut aussehen. Das machen wir überhaupt nicht. Die Köche, mit denen ich zusammenarbeite, stellen nur das Echte vor die Linse, und das muss echt schnell gehen. Essen wird schnell unansehnlich. Es ist wirklich spannend, mit denen zu arbeiten. 

Ich fotografiere auch nicht für jeden gleich, sondern passe den Stil an den jeweiligen Koch an. Mein Job ist es, die Handschrift des jeweiligen Kunden umzusetzen. In einem Foto können einige Tage an Vorbereitung stecken, etwa um den richtigen Hintergrund zu finden. 

derStandard.at: Wie schaffen Sie es, dass ein toter zerlegter Fisch ästhetisch aussieht? 

Schauer: Fotografie an sich ist ein ganz spezielles und eigenes Medium. Man kann mit der richtigen Technik auch unästhetische Objekte ansprechend aussehen lassen. Licht ist dabei immer der Schlüssel, denn Fotografie ist Malen mit Licht.

derStandard.at: Mit dem Buch "Cocktails", für das Sie zuletzt fotografiert haben, haben Sie den "Gourmand World Cookbook Award" gewonnen. Was bedeuten solche Auszeichnungen für Ihre Karriere?

Schauer: In dem Buch habe ich die Drinks der legendären Apotheke Bar in New York in Szene gesetzt. Albert Trumer, dem die Bar gehört, kommt aus dem gleichen Ort in der Steiermark wie ich. Es ist toll zu merken, dass man auch im internationalen Feld bestehen kann. Auch der Kunde ist happy, wenn das Buch ausgezeichnet wird. Das ist auch wichtig für die Öffentlichkeitsarbeit. 

Drinks zu fotografieren ist noch einmal eine eigene Herausforderung, weil das meist eine einfärbige Flüssigkeit ist - den ganzen Inhalt sieht man ja meistens nicht. Drinks müssen noch schneller fotografiert werden als Essen, die verfärben sich schnell. 

derStandard.at: Welche Fotomotive reizen Sie mehr, welche weniger?

Schauer: Prinzipiell reizt mich jeder Auftrag. Modefotografie nicht so. Aber Essen reizt mich am meisten, denn es hält alles zusammen. Kommt man in ein fremdes Land und geht gemeinsam essen, muss man gar nicht die gleiche Sprache sprechen. 

Ansonsten würde ich gern mehr Sachen für mich selber machen, eigene Projekte durchziehen. Ende September habe ich eine Einzelausstellung in New York. Sie heißt "Pure Real Taste" und zeigt hochauflösend fotografierte essbare Pflanzen aus dem Garten und Wald, im Studio fotografiert.

derStandard.at: Welche Projekte stehen künftig an?

Schauer: Bereits abgeschlossen ist ein Projekt mit Lior Lev Sercarz, der Gewürze entwickelt. Für ihn habe ich auch ein Buch fotografiert. Ein großes Projekt wird ein Kochbuch mit Daniel Boulud, der ein Drei-Sterne-Michelin-Restaurant in New York hat. (Marietta Türk, derStandard.at, 20.9.2012)