Wien - "Meine erste Wahl fiel auf eine Künstlerin", stellt Jasper Sharp, neuer Kurator für Modernes und Zeitgenössisches im Kunsthistorischen Museum, am Montag klar. Es folgt ein "Aber". Die Idee ließ sich bisher nicht realisieren. Die Gespräche mit "der sehr bekannten, noch lebenden österreichischen Künstlerin" - man darf vermuten: Maria Lassnig - seien noch nicht abgeschlossen.

Und so sind es erst einmal drei sehr etablierte Herren, mit denen man die neuen Dialoge zwischen "Alt und Neu", zwischen "Museum und den Besuchern" bestreitet: Die erste große Ausstellung des heuer verstorbenen Briten Lucian Freud in Österreich bildet den Auftakt zur Reihe Modern Masters. Hierzulande nie gezeigte Positionen zu präsentieren, darin liegt einer von Sharps Schwerpunkten. Es folgt Joseph Cornell (1903-1972) und dann "hoffentlich" einmal ein noch lebender moderner Meister.

US-Maler Ed Ruscha (geboren 1937), dessen Biennale-Venedig-Teilnahme 2005 Sharp betreute, macht in der Schiene The Artist's Mind den Anfang: Dabei sollen Künstler jene Werke der Sammlung wählen, die für ihre Praxis enorm wichtig sind, und "dürfen dabei alle Regeln der Chronologie und der Geografie brechen".

Und so wird dieses Format das nächste Mal auch jemand aus Lateinamerika oder Asien gestalten. Und ganz sicher eine Frau, erklärt Sharp, der mit der Frage nach weiblicher Kunst wohl gerechnet hat. Etabliert, aber eine Generation jünger dürfen die Künstler sein, die künftig im Theseustempel eine einzige Arbeit präsentieren und damit der ursprünglichen Idee des Tempelchens als Hülle für ein Werk (von Canova) folgen.

"Weltweit gibt es Präsentationen zeitgenössischer Kunst in historischen Museen", entkräftet Sharp mögliche Vorwürfe zu den Kernaufgaben des Kunsthistorischen. "Wir werden nichts machen, was man aus Mumok oder Secession kennt." Offensive Ausstellungspolitik, defensiv. (kafe, DER STANDARD/Printausgabe 20. September 2011)