Seit einigen Monaten wohnen Laura F. und ihre Familie bei ihrer Mutter im Wiener Speckgürtel. Dort leben sie im früheren Kinderzimmer aus ihren Umzugskisten und versuchen, es sich auf wenig Platz so gemütlich wie möglich zu machen. Geplant war der Zwischenstopp im Kinderzimmer nicht: Familie F. hat im Sommer des Vorjahres eine Wohnung in einem im Bau befindlichen Projekt in Wien gekauft. Schon im Herbst 2023 sollte die Wohnung fixfertig sein, weshalb die alte, zu klein gewordene Wohnung verkauft wurde. Doch dann ging die Baufirma pleite – und die Übergabe der Wohnung wurde erst auf Dezember, dann auf März verschoben. Nun sucht der Bauträger immer noch nach einer neuen Baufirma.

So hat man sich den Immobilienkauf nicht vorgestellt: Der Kran dreht sich nicht mehr, und die Baustelle steht.
Getty Images/iStockphoto

Derzeit wird Familie F. eine Fertigstellung im Spätsommer in Aussicht gestellt. Doch ihr Vertrauen in den Bauträger ist erschüttert. Und die Wohnsituation wird immer ungemütlicher. "Wir überlegen mittlerweile, vom Kaufvertrag zurückzutreten und uns nach einer neuen Wohnung umzuschauen", sagt Laura F. Noch liegt das Geld beim Treuhänder und wurde nicht ausbezahlt. "Gott sei Dank", sagt sie.

Rücktritt nach Nachfrist

Denn so kann sie theoretisch nach Setzung einer Nachfrist vom Kauf zurücktreten, weil der Vertragspartner im Verzug ist – allerdings nur nach eingehender Beratung durch einen Profi, wie der Jurist Walter Rosifka von der Arbeiterkammer rät. Um die Kaufnebengebühren – beispielsweise die drei Prozent, die an den Makler gingen – werde man sich dann aber streiten müssen.

Genau damit schlägt sich Hanna N. gerade herum. Sie hat 2022 eine Wohnung in einem Gründerzeithaus gekauft, das saniert und ausgebaut wurde. Damals hieß es, dass die Wohnung bis August desselben Jahres fertig wird. Doch mit dem Beginn des Ukrainekriegs kam es laut Bauträger zu Lieferengpässen und schließlich zu einem Baustopp. Nach einigen Monaten wurde zwar wieder weitergebaut, doch dann ging der Generalunternehmer in Konkurs.

"Mir kam die Sache immer komischer vor", erzählt sie heute. Als die Wohnung im Herbst 2023 noch immer nicht fertig war, trat Hanna N. daher vom Kaufvertrag zurück. Das war unkompliziert, berichtet sie, denn im Kaufvertrag war geregelt, dass dafür ein Schreiben an den Treuhänder ausreicht. Auch bei ihr lag der gesamte Betrag noch auf dem Treuhandkonto.

Die Gebühren vom Finanzamt und von der Grundbucheintragung hat sie mittlerweile zurückbekommen, "das waren viele Formulare". Um die Maklergebühren streitet sie sich aktuell noch vor Gericht, und auch die Gebühren für den Notar wird sie sich noch erstreiten müssen. Hanna N. hat die Sache mittlerweile an eine Anwältin übergeben.

In den meisten Fällen werden solche Projekte aber – anders als bei Familie F. und Hanna N. – nach der im Bauträgervertragsgesetz (BTVG) vorgesehenen Ratenplanmethode abgewickelt. Das Geld liegt dann zwar auch bei einer Treuhänderin oder einem Treuhänder, wird aber nur nach Baufortschritt ausbezahlt, und die Käufer werden durch Eintragung ins Grundbuch abgesichert.

Der auf Immobilienrecht spezialisierte Anwalt Walter Reichholf rät dringend davon ab, vom Vertrag zurückzutreten, sobald einmal Geld geflossen ist. Denn bei einem Rücktritt vom Vertrag geht diese grundbücherliche Sicherheit verloren. Und wenn der Bauträger in die Pleite rutscht, verlieren Betroffene unter Umständen viel Geld, weil sie höchstens noch einen Anteil davon zurückbekommen.

Vorsicht bei kleinen Bauträgern

Im schlimmsten Fall steht die Eigentümergemeinschaft am Ende mit einem unfertigen Bau da, den sie fertig bauen muss. In der Theorie steht ihr dafür zwar das Geld, das noch auf dem Treuhandkonto liegt, zur Verfügung. Häufig reicht das aber nicht aus. Noch problematischer wird die Sache, wenn von den Professionisten mangelhaft gearbeitet wurde und Bauschäden mit hohem Kostenaufwand saniert werden müssen.

Bei Rosifka und Reichholf schlagen derzeit nicht mehr Anfragen zu gescheiterten Bauträgerprojekten auf als sonst. Das finden die beiden selbst verwunderlich – immerhin sind die Zeiten für Bauträger keine leichten und im Immobilienboom der letzten Jahre viele Bauprojekte zu optimistisch angegangen worden, ohne an steigende Zinsen und Baukosten zu denken.

Wird im Kaufvertrag ein Pönale festgelegt, das bezahlt werden muss, wenn der vereinbarte Übergabetermin nicht eingehalten wird, sichert sich der Käufer oder die Käuferin damit zumindest gegen Verzögerungen bei der Fertigstellung ab. Eine Baueinstellung im Falle der Insolvenz des Bauträgers kann damit aber nicht verhindert werden.

Im Vorfeld ist es laut Rechtsanwalt Reichholf vor allem auch wichtig, sich die Bonität des Bauträgers anzuschauen. Im Fall des Falles mache es einen großen Unterschied, ob hinter einer Projektgesellschaft ein großer Konzern steht oder ein Bauträger, der neu am Markt ist "und das Projekt mit einer unterkapitalisierten GmbH stemmt". Denn wenn es in einem solchen Fall zu Problemen in der Bauphase komme, werde es finanziell schnell brenzlig.

Hanna N. hat mittlerweile eine andere Wohnung gefunden. Sie hat sich letztendlich für eine fixfertige Bestandswohnung entschieden, damit sie nicht noch einmal auf das Geschick eines Bauträgers vertrauen muss. Die Küche, die sie sich für die alte Wohnung bereits gekauft und zwischenzeitlich beim Küchenhändler gelagert hatte, passte auch in die neue Wohnung. "Eigentlich", sagt sie, "ist das hier die bessere Wohnung. Also vielleicht hat die Sache auch etwas Gutes gehabt." (Franziska Zoidl, 8.5.2024)